Nach den hektischen Wochen vor dem
Referendum vom 23. Oktober 1955
stand zu erwarten, dass die Geschichte
des Saarlandes in ruhigere Fahrwasser
führen würde. Unbegründet waren der¬
artige Hoffnungen nicht, hatte doch die
klare Ablehnung des europäischen Sta¬
tuts für das Saarland einen Konflikt ge¬
löst, der in den vorangegangenen Jahren
im Saarland wie auf internationaler Ebe¬
ne für heftige Auseinandersetzungen
gesorgt hatte. Vertrauen in eine positive
Zukunft konnte auch auf der in voller
Blüte stehenden Montanindustrie be¬
gründet werden, die vielen als Grund¬
lage der regionalen Prosperität galt.
Tatsächlich kam vieles anders, traten
neue und unerwartete Schwierigkeiten
auf. Schon mit der Eingliederung in die
Bundesrepublik waren viele Enttäu¬
schungen verbunden; noch größere
Verunsicherung riefen die 1958
einsetzenden Probleme im Bergbau
hervor. Konsumentenproteste, Berg¬
arbeiterstreiks und eine in der Wirt¬
schaftskrise der Jahre 1966/67 erstmals
wieder spürbar werdende Arbeitslosig¬
keit waren die Folge.
Die vorliegende Arbeit geht von der
These aus, dass diese Krisenerscheinun¬
gen als Ausdruck eines doppelten Struk¬
turwandels zu verstehen sind. Die Ver¬
änderung der politischen Rahmenbe¬
dingungen, die die Umwandlung des
teilautonomen Saarstaates in ein Bun¬
desland mit sich brachte, und die regio¬
nalwirtschaftlichen Auswirkungen des
sektoralen Strukturwandels in der Ener¬
giewirtschaft beeinflussten sich gegen¬
seitig. Dadurch wurde der regionale
Strukturwandel in einem komplexen
Prozess zum Problem der Landespolitik.