weise mit Abstand) mindestens die relative Mehrheit, also auch in den Gebieten, in
denen sie auf Kreisebene gar nicht die höchsten Stimmenanteile auf sich vereinen
konnte. 6 Die Interpretation dieses Wahlergebnisses und seiner Folgen für die Arbeit
der Parteien ist daher sehr schwierig. Sicherlich bedeutete die Stärkung der CDU
eine Klarstellung im Kräfteverhältnis mit der CVP und insofern einen Erfolg für die
Kräfte, die eine schnelle Vereinigung der beiden Parteien noch vor der Kommunal¬
wahl hinausgezögert hatten. s Darüber hinaus stellte dieser Erfolg aber auch die
Arbeit der CDU auf eine neue institutionelle Grundlage. Erstmals verfügte die Partei
über eine große Basis von Multiplikatoren, die durch ihre politische Tätigkeit und
ihren Status als Mandatsträger problemlos in den Informationsfluß und die Meinungs¬
bildung einbezogen werden konnten. Im Gegensatz dazu fiel das Ergebnis der SPD
enttäuschend aus. Hatten die Christdemokraten die absolute Zahl an Gemeinderats¬
sitzen gegenüber der vorhergehenden Wahl sogar noch leicht ausbauen können,
mußten die frisch vereinigten Sozialdemokraten, von ihrem Wahlergebnis 1949 aus
betrachtet, per Saldo sogar noch ca. 200 Sitze abgeben. Möglicherweise ist dies als
Beleg für die von Cahn kritisierte mangelnde Sensibilität auf SPD-Bundesebene für
die Bedeutung der Kommunalwahlen zu sehen; auf jeden Fall scheiterte der Versuch,
die Sozialdemokratie insgesamt zu stärken, noch viel weitgehender als anhand einer
Betrachtung der relativen Stimmenanteile erkennbar.70 Es deutete sich an, daß der
Weg der SPD zur zweitstärksten politischen Kraft im Saarland sehr mühsam sein
würde.80
76 Die CDU war z.B. im Landkreis St. Ingbert der CVP im Stimmenanteil klar, und zwar mit 27%:3 1,1%
unterlegen, führte jedoch bei der Zahl der errungenen Gemeinderatssitze ebenso eindeutig mit 1 10:89.
Ganz allgemein muß festgestellt werden, daß Bedeutung und Funktion von kommunalpolitischer Arbeit
in Parteien bislang sehr wenig Berücksichtigung in der Forschung fand Methodische Hinweise finden sich
bei Paul Kevenhörster, Parallelen und Divergenzen zwischen gesamtsystemarem und kommunalem
Wahlverhalten, in: Horst Kanitz u. Paul Kevenhörster (Hgg.), Kommunales Wahlverhallen, Bonn 1976 (=
Studien zur Kommunalpolitik 4), S. 241-283, der die Bedeutung „kommunaler Partei Systeme“ besonders
betont, aber kaum Hinweise auf die Bedeutung von Kommunalwahlen für die Landespolitik liefert.
Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis von Holtmann, der den stark normativen und auf
die „Input-Seite“ ausgerichteten Ansatz in der Politikwissenschaft kritisiert: „Sie [die Landesparteien] sind
vielmehr aufgrund ihrer Positionierung an den Schnittstellen von Vertretungs- und Verwaltungsorganen,
im Zusammenwirken mit privaten (verbandlichen) und staatlichen bzw. kommunalen Akteuren, auch an
der Erarbeitung von Problemlösungsvorschlägen und Festlegung entsprechender Handlungsprioritäten
beteiligt.“, Holtmann, Regionale Parteien, S. 72.
k Teilweise bedeutete dieses Ergebnis eine Stärkung der Vertreter einer harten Linie gegen die CVP, zu
denen neben Hubert Ney anfangs wohl auch Franz Josef Röder gezählt werden muß, Cahn, Christliche
Parteien, S. 303. Nach Bauer, CDU, S. 61, war die Ablehnung eines „Burgfriedens“ zwischen den Parteien
vor der Kommunalwahl auch auf den Einfluß der Bonner CDU-Spitze zurückzuführen, andererseits
existierten It. Gestier u. Herrmann, Christliche Einigung, S. 287, auch bei dieser Wahl schon einige
gemeinsame Listen von CVP und CDU.
9 Cahn, Sozialistische Einheit, S. 617.
Ml Zur Bedeutung von Erfolgen bei Kommunalwahlen für die Entwicklung der SPD im Ruhrgebiet Ende
der 50er Jahre siehe Bernd Faulenbach, Modernisierung der Partei und Sozialdemokratisierung der Region.
Der SPD-Bezirk Westliches Westfalen von 1949 bis 1969, in: ders., Günther Högl u. Karsten Rudolph
(Hgg.), Vom Außenposten zur Hochburg der Sozialdemokratie. Der SPD-Bezirk Westliches Westfalen
1893-1993, 2. Aufl. Essen 1998, S. 210-221, hier: S. 215.
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