Full text: Das Saarland im doppelten Strukturwandel 1956 - 1970

desgebiet möglicherweise sogar überboten.164 Die Ertragslage des Unternehmens war 
jedoch immer noch unbefriedigend und die Aussichten angesichts der hohen Halden¬ 
bestände getrübt.1 " ln regional wirtschaftlicher Perspektive interessant ist, daß durch 
diese Vorgänge der Anteil des Bergbaus am saarländischen Sozialprodukt immer 
stärker sank.1 1 Allerdings verbesserte sich die Struktur der Erwerbstätigkeit dadurch 
nicht wesentlich, weil eine beträchtliche Verschiebung von Arbeitskräften in den 
Bereich der Stahlindustrie zu beobachten war,* 172 * während ein anderer Teil der im 
Bergbau freigesetzten Arbeitskräfte keine weitere Beschäftigung mehr aufhahm. 
Gegenüber den anfänglichen Umstellungsproblemen im Umfeld des Tages X erwie¬ 
sen sich somit schnell die strukturellen Probleme der Saarwirtschaft als sehr viel 
gravierender. Auch Erfolge bei der Ansiedlung neuer Industriebetriebe'7’ konnten 
nicht darüber hinwegtäuschen, daß die regionalen Wachstumspotentiale weitgehend 
ausgeschöpft waren. Impulse für eine Expansion der Saarwirtsehaft gingen weder 
vom restlos ausgeschöpften Arbeitsmarkt noch von den teilweise in prekärer wirt¬ 
schaftlicher Situation stehenden saarländischen Betrieben aus. Expansionsmöglich¬ 
keiten bestanden allenfalls im Bereich von Arbeitsplätzen für Frauen. Betriebe, die 
vornehmlich männliche Arbeitnehmer beschäftigten, konnten sich in konjunkturell 
günstigem Umfeld nicht gegen die Schwerindustrie durchsetzen, in konjunkturell 
ungünstigem Umfeld konnten sie dagegen keine ausreichenden Wachstumsimpulse 
setzen. 
Politische Aufmerksamkeit fänden aber vor allem die Anpassungs- und Übergangs¬ 
schwierigkeiten im Zuge der Eingliederung, die nicht selten akute Gefahren für 
einzelne Unternehmen auslösten. Die Landesregierung reagierte darauf mit Finanz¬ 
hilfen für diese Betriebe, meistens in Form von Bürgschaften für Darlehen von 
Kreditinstituten. Dieses Verfahren wurde aber spätestens ab 1959 zum wichtigsten 
Instrument zur Überwindung von Anpassungsproblemen.1 4 Dabei wurde ein sehr 
164 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Sonderh. 
26), S. 12. 
170 Eine Übersicht über die Entwicklung von Förderung und Absatz bietet die Tabelle in: Stat. Amt d. 
Saarl. (Hg.), Statistisches Handbuch für das Saarland 1963, Saarbrücken 1963, S. 139. 
171 Ebd., S. 265. 
1 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Sonderh. 
26), S. 13. 
1 ' Einen Überblick über die in der Übergangszeit neu angesiedelten Unternehmen bietet das Bundes¬ 
ministerium Für Arbeit und Sozialordnung (Hg.), Die Standortwahl der Industriebetriebe in der Bundesre¬ 
publik Deutschland im Zeitraum von 1955 bis I960, Bonn 1961, hier: Tab. I. Auf die Bewertung der 
Industrieansiedlungspolitik der Landesregierung wird an anderer Stelle dieser Arbeit noch einzugehen 
sein. 
m Aufgrund der bislang fehlenden Verzeichnung der Akten des Wirtschaftsministeriums - die zudem 
teilweise wohl infolge laufender Verfahren und Geheimhaltungsvorschriften noch gar nicht aus dem 
Geschäftsgang abgegeben worden sein dürften - kann kein vollständiger Überblick über die Bürgschafts¬ 
tätigkeit des Landes gegeben werden. Die folgende Darstellung beruht vielmehr auf dem Teil der Kabi¬ 
nettsentscheidungen, der in den zugänglichen Kabinettsprotokollen niedergelegt wurde. Zur Bewertung 
derartiger Strategien in wissenschaftlicher Perspektive vgl. Udo Padtberg, Regionale Wirtschaftspolitik 
durch Subventionen? Eine Untersuchung über den Erfolg des Landeskreditprogramms in Nord- 
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