Full text: Das Saarland im doppelten Strukturwandel 1956 - 1970

Die langfristigen Gründe für die insgesamt negative Entwicklung der Saarwirtschall 
wurden vom Statistischen Landesamt schon früh und in aller Deutlichkeit benannt. 
Die Einseitigkeit der Wirtschaftsstruktur im Saarland rief in Phasen allgemein ab¬ 
flauender Konjunktur im regionalen Kontext besonders heftige Reaktionen hervor. 
Dies wiederum zeigte nicht nur Folgen für die nachgelagerten Betriebe im Saarland, 
sondern beeinträchtigte auch direkt die im Saarland anfallenden Lohnsummen - mit 
allen Konsequenzen auch für die Binnennachfrage.164 Gleichzeitig zeigte sich in der 
Entwicklung der Saarwirtschaft ein weiteres Strukturelement der ökonomischen 
Entwicklung einseitig strukturierter Regionen, in denen nämlich positive Impulse der 
allgemeinen Konjunktur weniger stark als im nationalen Schnitt meßbar wirkten.16' 
Besonders deutlich wird dies im Bereich der Bauindustrie, die durch die geringeren 
Zuwächse der Staatseinnahmen beeinträchtigt wurde, ebenso wie im Bereich der 
Investitionsgüterindustrie, welche die sinkende Investitionsbereitschaft der Montan¬ 
wirtschaft nicht durch gegenläufige Impulse aus Wachstumsbranchen ausgleichen 
konnte, weil diese im Saarland nicht in ausreichendem Maße vertreten waren.166 
Neben diesen strukturellen Gründen für die Entwicklung der Saarwirtschaft wirkten 
aus Sicht des Statistischen Landesamtes noch zwei weitere Elemente negativ: Zum 
einen die Aufwertung der DM im Jahr 1961, die den Absatz nach Frankreich und 
damit die Ertragslage der saarländischen Unternehmen beeinträchtigte, zum anderen 
die Inbetriebnahme des Moselkanals, der die Konkurrenzfähigkeit der saarländischen 
Schwerindustrie auf deutschen und internationalen Märkten gegenüber der Kon¬ 
kurrenz aus Lothringen schwächte.167 
Etwas anders stellte sich dagegen die Entwicklung im saarländischen Steinkohlen¬ 
bergbau dar. Im Rahmen ihrer bereits in der Übergangszeit entwickelten Strategie 
setzten die Saarbergwerke nach der Eingliederung zunächst ihre Unternehmenspolitik 
fort. Die Rationalisierung der Produktion durch Schließung bzw. Stillegung unren¬ 
tabler Standorte und die Verlagerung der Produktion in den Warndt, die Stabilisie¬ 
rung der Fördermengen und der Abbau von Arbeitsplätzen sollten das Unternehmen 
an die sich verändernde Marktsituation anpassen. Gemäß dieser Leitlinie erfolgte die 
Stillegung von elf Gruben und die Reduktion der Beschäftigtenzahl von ca. 57.000 
im Jahr 1956 auf knapp 44.000 Personen im Jahr 1963I6S. Damit wurde zwar die 
erwartete Anpassungsleistung erzielt, das Anpassungstempo des Bergbaus im Bun¬ 
164 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Scinderli. 
26), S. 14L 
165 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1961, Saarbrücken 1962 (= SiZ, Scinderli. 
22), S. 14. 
166 Stat. Amtd. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1964, Saarbrücken 1964 (= SiZ, Sonderh. 
30), S. 14. 
167 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Sonderh. 
26), S. 10. 
168 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1964, Saarbrücken 1964 (= SiZ, Sonderh. 
30), S. 12. 
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