Die langfristigen Gründe für die insgesamt negative Entwicklung der Saarwirtschall
wurden vom Statistischen Landesamt schon früh und in aller Deutlichkeit benannt.
Die Einseitigkeit der Wirtschaftsstruktur im Saarland rief in Phasen allgemein ab¬
flauender Konjunktur im regionalen Kontext besonders heftige Reaktionen hervor.
Dies wiederum zeigte nicht nur Folgen für die nachgelagerten Betriebe im Saarland,
sondern beeinträchtigte auch direkt die im Saarland anfallenden Lohnsummen - mit
allen Konsequenzen auch für die Binnennachfrage.164 Gleichzeitig zeigte sich in der
Entwicklung der Saarwirtschaft ein weiteres Strukturelement der ökonomischen
Entwicklung einseitig strukturierter Regionen, in denen nämlich positive Impulse der
allgemeinen Konjunktur weniger stark als im nationalen Schnitt meßbar wirkten.16'
Besonders deutlich wird dies im Bereich der Bauindustrie, die durch die geringeren
Zuwächse der Staatseinnahmen beeinträchtigt wurde, ebenso wie im Bereich der
Investitionsgüterindustrie, welche die sinkende Investitionsbereitschaft der Montan¬
wirtschaft nicht durch gegenläufige Impulse aus Wachstumsbranchen ausgleichen
konnte, weil diese im Saarland nicht in ausreichendem Maße vertreten waren.166
Neben diesen strukturellen Gründen für die Entwicklung der Saarwirtschaft wirkten
aus Sicht des Statistischen Landesamtes noch zwei weitere Elemente negativ: Zum
einen die Aufwertung der DM im Jahr 1961, die den Absatz nach Frankreich und
damit die Ertragslage der saarländischen Unternehmen beeinträchtigte, zum anderen
die Inbetriebnahme des Moselkanals, der die Konkurrenzfähigkeit der saarländischen
Schwerindustrie auf deutschen und internationalen Märkten gegenüber der Kon¬
kurrenz aus Lothringen schwächte.167
Etwas anders stellte sich dagegen die Entwicklung im saarländischen Steinkohlen¬
bergbau dar. Im Rahmen ihrer bereits in der Übergangszeit entwickelten Strategie
setzten die Saarbergwerke nach der Eingliederung zunächst ihre Unternehmenspolitik
fort. Die Rationalisierung der Produktion durch Schließung bzw. Stillegung unren¬
tabler Standorte und die Verlagerung der Produktion in den Warndt, die Stabilisie¬
rung der Fördermengen und der Abbau von Arbeitsplätzen sollten das Unternehmen
an die sich verändernde Marktsituation anpassen. Gemäß dieser Leitlinie erfolgte die
Stillegung von elf Gruben und die Reduktion der Beschäftigtenzahl von ca. 57.000
im Jahr 1956 auf knapp 44.000 Personen im Jahr 1963I6S. Damit wurde zwar die
erwartete Anpassungsleistung erzielt, das Anpassungstempo des Bergbaus im Bun¬
164 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Scinderli.
26), S. 14L
165 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1961, Saarbrücken 1962 (= SiZ, Scinderli.
22), S. 14.
166 Stat. Amtd. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1964, Saarbrücken 1964 (= SiZ, Sonderh.
30), S. 14.
167 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1962, Saarbrücken 1963 (= SiZ, Sonderh.
26), S. 10.
168 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Die saarländische Industrie im Jahre 1964, Saarbrücken 1964 (= SiZ, Sonderh.
30), S. 12.
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