dann doch noch vor Gründung der neuen Saarbergwerke AG, wobei aber verschiede¬
ne Forderungen der Arbeitnehmer vorher zugesagt werden mußten.133
Das Beispiel zeigt, wie aus dem Aufeinandertreffen von in der Regionalstruktur
begründeten Faktoren (hohe Bedeutung des Bergbaus auf dem Arbeitsmarkt, starke
Betroffenheit in der Bevölkerung durch betriebliche Maßnahmen) und historisch
begründeten (verzögerte Schließung eines Standortes bzw. sogar neue, letztlich
ebenso unrentable Investitionen in einen Grubenstandort durch die spezifischen
Kriegs- und Wiederaufbauanforderungen) eine Problemlage entstand, die durch die
im Sonderregime der Übergangszeit vorgesehenen Instrumente nicht lösbar war.
Zwar konnte durch Schlichtung der Landesregierung der Konflikt entschärft und
einer Lösung zugeführt werden; die durch diese Art der Konfliktbewältigung ent¬
stehenden materiellen wie immateriellen Kosten waren jedoch wahrscheinlich sehr
viel höher als unter „normalen“ Bedingungen.134 Denn schließlich stellt das gewählte
Verfahren zumindest einen teilweisen Verzicht einer Unternehmensleitung auf
autonomes Handeln in strategisch bedeutsamen Fragen der Betriebsführung dar,
genauso, wie die Arbeitnehmervertretung ihre Möglichkeiten in der Interessenver¬
tretung ihrer Mitglieder mehr oder weniger freiwillig beschränkte. Zudem bedeutete
die Einschaltung der Landesregierung faktisch die Verlagerung einer Sachentschei¬
dung auf eine in unternehmenspolitischer Hinsicht unangemessene Entscheidungs¬
ebene, die zu umfangreichen Kompensationsleistungen für eine allgemein als not¬
wendig und alternativlos erachtete betriebliche Entscheidung führte.
2.3.2 Der Weg in die wirtschaftliche und politische Stagnation
Mit dem lang erwarteten Tag X, also der Einführung der deutschen Währung135 und
dem Ende der eigentlichen Übergangszeit, waren zunächst eine Reihe von Friktionen
03 Es wurde ein kostenloser Transport zur Arbeitsstätte für die auf andere Gruben zu verlegenden Bergleu¬
te eingerichtet, die Beibehaltung der gewohnten Arbeitsgruppen wurde zugesagt und auf die Versetzung
von Bergleuten, die einen ungünstigen Arbeitsweg haben würden, wurde verzichtet. Schließlich wurde der
Bestand der Betriebskapelle garantiert. LASB StK 1715, Kabinettsprotokoll v. 5.2.57
134 Übrigens beugte sich der Saar-Landtag, und hier v.a. die Fraktion der SPD, dieser Konfliktlösungs¬
strategie. Dies läßt sich deutlich daran erkennen, daß die sozialdemokratische Landtagsfraktion auf die
Diskussion einer von ihr eingebrachten Großen Anfrage im Parlament verzichtete, nachdem der Wirt-
schaftsminister auf die Behandlung dieses Themas im Kabinett hingewiesen hatte, siehe: LTDS, 3. WP,
Abt. I, 1Ü. Sitzung v. 29.2.56, S. 264. Bereits Anfang 1956 war die KP mit einem Antrag gescheitert, der
die Schließung der Anlage hätte verbieten sollen, vgl. LTDS, 3. WP, Abt. I, 10. Sitzung v. 17.1.56, S. 67f.
1 “ Interessanterweise fand die Ausdehnung des Währungsgebiets der DM bislang in den Handbüchern und
Überblicksdarstellungen zur deutschen Geldgeschichte praktisch keine Berücksichtigung, vgl. z.B. Bernd
Sprenger, Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart,
2. Au fl. Paderborn 1995, Hans Roeper u. Wolfram Weimer, Die D-Mark. Eine deutsche Wirtschafts¬
geschichte, Frankfurt a.M. 1996. Selbst in der halbamtlichen Darstellung der Geschichte der DM durch die
Bundesbank wird dieses Thema abseits von technischen Details nicht erwähnt, Deutsche Bundesbank
(Hg), Währung und Wirtschaft in Deutschland 1876-1975, Frankfurt a.M. 1976, und auch das Mitglied des
Direktoriums der Bundesbank und spätere Vizepräsident Otmar Emminger würdigt diese Frage in seiner
Aufsatzsammlung keines Wortes, Oskar Emminger, Währungspolitik im Wandel der Zeit, Frankfurt a.M.
1966.
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