und aus den chronikalischen Eintragungen seines Vaters, des bekannten St.Johanner
Kaufmanns, Georg Ludwig Firmond bis zum Revoiutionsausbruch'24; schließlich -
weil es auch im Fall der Städte zu einem Reichskammergerichtsprozeß von St.Johann
gegen Fürst Ludwig kam - aus den Prozeßakten im Landesarchiv Saarbrücken, im
Stadtarchiv Saarbrücken und im Landeshauptarchiv Koblenz124 125. Das Material zum
städtischen Privilegienstreit besteht - abgesehen von den Prozeßakten, die in etwa
immer gleich aufgebaut sind - aus Petitionen der Bürger und Gerichtsleute, aus einer
Reihe von städtischen Petitionskonzepten, aus verschiedenen amtlichen Gutachten,
Regierangs- und Rentkammerresolutionen, fürstlichen Dekreten, Punktationen und
Urkunden sowie schließlich aus einzelnen fürstlichen Erlassen über die Gewährung
verschiedener städtischer Freiheiten126; ferner konnten einige Briefe von Fürst Lud¬
wig im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden ausfindig gemacht werden, die
bislang noch nicht bekannt waren127. Auch dieses Material wurde - mit Ausnahme
des St.Johanner Reichskammergerichtsprozesses, der von Edith Ennen bereits
untersucht wurde - bislang noch nicht unter protestgeschichtlichen Aspekten ausge¬
wertet128. Da der städtische Privilegienstreit im Zusammenhang mit der Politik der
'guten Polizey' stand129, war es notwendig, einige Polizeiordnungen bzw. obrig¬
keitliche Vorschläge zur Neuordnung des 'Polizeywesens' im Original heranzuziehen
und so auch die Politik der 'guten Polizey' der beiden letzten nassau-saarbrückischen
Fürsten auf eine quellenmäßig gesicherte Basis zu stellen130.
Aufgrund der kontextbezogenen Fragestellung erschien es wenig sinnvoll, das in der
frühneuzeitlichen Protestforschung bis heute üblich gebliebene Gliederungsprinzip
einer Zwei-Teilung in chronologischen Verlauf und systematische Analyse von
Unruhen zu übernehmen131. Da die 'strukturelle Reziprozität' bzw. der 'Interaktions-
124 Vgl. die Firmond'sche Chronik in: Landeskundl. Abt. Stadtbibi. SB H.V. H10; zut Beschreibung der
Chronik vgl. Ries, Firmond'sche Chronik, S,130f.
125 Vgl. zum St.Johanner Reichskammergerichtsprozeß gegen Fürst Ludwig von 1786-1788 die Akten¬
bände: LA SB 22/2913, StadtA SB Stadtger. StJoh. 238 und LHA KO 56/897; Ennen (Organisation,
S.147-153) hat den St.Johanner Prozeß anhand des Aktenbandes im Landesarchiv behandelt.
126 Vgl. auch in diesem Fall grundsätzlich zu den genannten Quellengattungen im einzelnen Meisner,
Archivalienkunde, S.156ff. u. S.177ff.
127 Vgl. HHSTA WI 130 I/II D2, 51, unpag.
128 Jung (Ackerbau, S. 141-143) hat auch diesen Streit unter innerstädisch-verfassungsgeschichtlichen
Aspekten kurz angerissen; auch Ennen (Organisation, S. 147-153) behandelt den St.Johanner Prozeß
primär unter der verfassungsgeschichtlichen Frage nach dem Ausmaß der städtischen Selbstver¬
waltung, sie schildert aber auch den Hergang des Prozesses und geht auf die einzelnen Proze߬
schriften, die z.T. im Anhang abgedruckt sind, genau ein.
129 Vgl. allgem. zu diesem Zusammenhang Willoweit, Struktur, S.9-27.
120 Vgl. dazu vor allem die Vorschläge der Saarbrücker Regierung zur Neuordnung des Polizeiwesens
von 1745 in: LA SB 22/2353, S.499-501 (hierbei handelt es sich um den von Sittel nicht benutzten
Aktenband) und die Polizeiordnung von 1762 in: StadtA SB Gemeins. Stadtger. 269, unpag.
131 Vgl. dazu vor allem die Beiträge im Sammelband Blickle (Hg.), Aufruhr; selbst die neuesten Studien
halten an diesem Gliederungsprinzip fest, das einmal mehr die einseitige Onentierung der frühneu-
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