ausgewertet wurde"2. Die erste Reaktion der Landgemeinden auf die aufgeklärte
Reformpolitik stellt die Reichskammergerichtsklage der Völklinger Gemeinden
gegen Fürst Wilhelm Heinrich aus dem Jahre 1766 dar. Die Völklinger Mandats¬
klage, die sich aus der allgemeinen Beschwerdewelle von 1766 entwickelte, ist breit
dokumentiert in einem Aktenband des Landesarchivs Saarbrücken, aus dem sich
nicht nur Ursachen, Verlauf und Beilegung der Klage rekonstruieren lassen, sondern
durch die vorhandenen Steuerlisten, Schaftregister, Zeugenverhöre usw. auch die
politisch-rechtliche und sozial-ökonomische Ausgangslage der Völklinger Ge¬
meinden"3. Komplementär hierzu konnte noch die Zustandsbeschreibung des Ober¬
amts Saarbrücken durch den Saarbrücker Regierungsrat Christian Lex von 1756
herangezogen werden, die eine unverzichtbare Quelle zur Absteckung der sozialen,
wirtschaftlichen, konfessionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der
einzelnen Kommunen darstellt112 114 *.
Die zweite Reaktion der nassau-saarbrückischen Landgemeinden auf den aufge¬
klärten Reformabsolutismus war die Klage der Köllertaler Gemeinden gegen Fürst
Ludwig vor dem Austrägal- und dem Reichskammergericht aus den Jahren 1776/77
bis 1784/85. Der Köllertaler Prozeß, der eine Eskalation der zweiten Beschwerde¬
welle von 1776/77 darstellt, ist sehr gut überliefert durch die Akten des beklagten
Teils, die sich in sechs umfangreichen Aktenbänden des Landesarchivs Saarbrücken
befinden"5. Die Akten des klagenden Teils beim Reichskammergericht, die nach den
Abgabemodalitäten des 19. Jahrhunderts im Landeshauptarchiv Koblenz Bestand 56
hätten liegen müssen, sind nicht mehr vorhanden"6, was eventuell damit zusam¬
menhängt, daß der Wetzlarer Prozeß, der bis in die Revolutionszeit reichte, nicht
mehr gerichtlich entschieden wurde. Allerdings sind die Akten des beklagten Teils,
die ja auch die Abschriften der klägerischen Seite enthalten, vollständig vorhanden,
so daß sich der Wetzlarer Prozeßhergang lückenlos rekonstruieren läßt"7. Der
Köllertaler Protest im Vorfeld der beiden Prozesse am Saarbrücker Austrägal- und
am Wetzlarer Reichskammergericht besitzt die übliche Überlieferung in Form von
Untertanen-Petitionen, amtlichen Berichten und Gutachten, Regierungsresolutionen,
112 Vgl. LA SB 22/2353: Nachträge zur Sanmmlung der Verordnungen für Saarbrücken und Ottweiler
von 1570 bis 1803 (rund 1300 Seiten); auf dem Aktendeckel steht vermerkt, daß dieser Aktenband
von Sittel nicht benutzt wurde.
113 Vgl. hierzu den Aktenband: LA SB 22/2979.
1,4 Vgl. Lex, Zustand in: LA SB N-SB 1/1.
115 Dabei handelt es sich um die Aktenbände: LA SB 22/2713-2718; daneben befinden sich einige
Köllertaler Prozeßschriften noch in ebd. 22/2313, S.333-355.
116 Hier befindet sich lediglich ein Aktenband über die umgekehrte Klage des Fürsten gegen einige
Untertanen des Köllertals aus dem Jahre 1782, die eine herrschaftliche Reaktion auf den Prozeß der
Köllertaler vor dem Saarbrücker Austrägalgericht darstellt, vgl. LHA KO 56/1348.
1,7 Vgl. hierzu vor allem: LA SB 22/2716-2718.
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