heilsamen Endzweck angeordnet, damit diese, wozu man lauter erfahrne und der
Sachen kundige Männer aufgesuchet hatte, in geringfügigen Prozeßsachen ge¬
schwinden Rat und Bescheid nach Vorliegenheit der Dorf-Ordnung und andere klare
Verordnungen erteilen, auch manche berechtigte Prozesse durch Berechnungen
beider Teilen Forderungen gegeneinander gütlich abthun mögen; als wodurch denen
Unterthanen viele Kosten und Gänge zu den hiesigen Ober-Ämtern erspart wer¬
den233. Die Ersetzung der Meier durch Schultheiße hatte vor allem gerichtsverfas¬
sungsrechtliche Bedeutung, die Verwaltungsaufgaben waren nahezu deckungsgleich,
nur die richterlichen Kompetenzen der Schultheißen waren gegenüber denen der
Meier erweitert234. Der Grund für die Einführung der Landschultheißereien war nach
Scherer ein doppelter: Der Landesherr wollte durch Delegation von Aufgaben auf
örtliche Behörden zum einen zu einer "Entlastung der Ämter" beitragen und zum
andern zu einer "Vereinfachung der Verwaltungs- und Gerichtstätigkeit im unteren
staatlichen Verwaltungsbereich und in der örtlichen Verwaltungsebene" gelangen; zu
Recht betont Scherer, daß mit der Einführung der Landschultheißereien ein
"Rationalisierungseffekt" verbunden war235.
Gerade diese letzte Maßnahme wirft ein Schlaglicht auf die gesamte Rechts- und
Verwaltungsreform unter Fürst Ludwig: Sie war in allererster Linie gekennzeichnet
durch eine erhöhte Rationalisierung! Exakt darin lag auch das Hauptunterscheidungs¬
merkmal gegenüber der Reformpolitik Wilhelm Heinrichs, die noch sehr stark von
pragmatischen Zügen und fiskalischen Interessen bestimmt war. Der höhere Ra¬
tionalisierungsgrad unter Fürst Ludwig zeigte sich auch in anderen Bereichen.
Gerade auf den für die Gesellschaft der Vormodeme so bedeutenden Gebieten der
Land- und Forstwirtschaft ist der rationelle Zug unverkennbar. Was die Landwirt¬
schaft betrifft, so berichtet wiederum unser Gewährsmann Rollé, daß Fürst Ludwig
eine besondere Landesöconomie-Commission meistens auf Höchstdero eigene
Kosten niedergesetzet (hat), um zuvörderst nach Anleitung der sogleich ergangenen
Klee-Verordnung den so ungemein nützlichen Kleebau auf allen Bännen und durch
solchen allgemach die unstreitig vorzüglichere Stallfutterung einzufuhren, außerdem
aber alle sonst mögliche Landeskulturverbesserung in Gang zu bringen236. Die
Einrichtung einer gesonderten Landesökonomiekommission, die sich am Vorbild des
benachbarten Herzogtums Pfalz-Zweibrücken orientierte, zeigt, daß auch im Bereich
der Landwirtschaft der Bürokratisierungs- und Verwissenschaftlichungsprozeß
235 Rollé, Sammlung (1793): LA SB Dep.HV Abt.A 592, S.44f.
234 Vgl. dazu auch Rumschöttel, Verwaltungsorganisation, S.188/Anm.473.
235 Vgl. Scherer, Landgemeindeverwaltung, S.147-150 (zit. S.149f.).
236 Rollé, Sammlung (1793): LA SB Dep.HV Abt.A 592, S.37; zum Kleeanbau in Nassau-Saarbrücken
die interessante Druckschrift von 1778: Anweisung zum Klee-Bau für den Nassauischen Landmann:
HHSTA WI Bibi.3005/2141.
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