Full text: Obrigkeit und Untertanen

Saargegend lediglich von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis etwa 162055. Sie wurde 
jedoch abrupt und auf lange Zeit beendet durch den 30jährigen Krieg, der an der Saar 
ausgesprochen hohe Bevölkerungsverluste und starke Verwüstungen - erinnert sei 
nur an das Schreckensjahr 1635 - nach sich zog und dessen Kampfhandlungen hier 
bekanntlich nicht mit dem Westfälischen Frieden 1648 endeten, sondern entspre¬ 
chend den militärischen Aktionen Frankreichs, von denen das Kriegsgeschehen 
unserer Gegend abhängig war, bis zum Frieden von Vincennes im Jahre 1661 fort¬ 
dauerten50. Die starken Einschnitte wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art, die der 
'lange Krieg' mit sich gebracht hatte, konnten vorerst nicht ausgeglichen werden57, 
weil schon kurz darauf, in den 70er Jahren des 17.Jahrhunderts, die französische Ost¬ 
expansion erneut einsetzte und einen Reichskrieg auslöste, der unsere Gegend und 
hier vor allem die Stadt Saarbrücken, die 1677 in Flammen aufging, stark in 
Mitleidenschaft zog58. Der Friede von Nijmwegen (1679) brachte nicht die erhoffte 
Ruhe, sondern erlaubte es vielmehr Frankreich, die schon über ein halbes Jahr¬ 
hundert geführten Pläne über die räumliche Ausdehnung der zur französischen 
Provinz zusammengefaßten drei Fürstbistümer Metz, Toul und Verdun auf der Basis 
mittelalterlicher Lehensabhängigkeiten in die Praxis umzusetzen: Im Zuge der 
Reunionspolitik Ludwigs XIV. wurde die Grafschaft Saarbrücken dem Reichs¬ 
verband entrissen und für fast zwanzig Jahre, organisiert in der 'Saarprovinz', zum 
integralen Bestandteil des Königreichs Frankreich. In dieser Zeit von 1680 bis 1697 
waren zwar Ansätze einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung - vor allem durch 
den Wegfall der Zollschranken und den dadurch belebten Handel, durch den Ausbau 
des Straßennetzes und durch die Einführung eines regelmäßigen Postverkehrs - 
erkennbar, aber alle Maßnahmen erfolgten doch zu sehr vom absolutistischen Stand¬ 
punkt der Unterordnung unter die französische Staatsgewalt, als daß sie einer tatsäch¬ 
lichen Integration der Bevölkerung in den neuen Staat hätten dienen können, und 
außerdem waren die Jahre zu kurz, um eine strukturelle Konsolidierung herbei- 
zufuhren59. Die französische Reunionszeit unter Ludwig XIV blieb eine Episode, 
wenn auch die Einschränkung der Rechte der alten Landesherm durch die französi¬ 
sche Monarchie indirekt den Untertanen zugute kam und bei ihnen durchaus einen 
positiven Eindruck hinterlassen konnte60 *. Der Friede von Rijswijk (1697) beendete 
zwar die Vormachtstellung Frankreichs an der Saar, aber die Grafschaft Saarbrücken 
kam vorerst noch nicht zur Ruhe: Schon vier Jahre später wurde sie in die kriegeri¬ 
Si Vgl. Herrmann, Grundlinien, S.492ff. 
5fi Vgl. zum Verlauf des Krieges in unserer Gegend: Herrmann, Dreißigjähriger Krieg, S.229-265; zur 
Einordnung in den gesamteuropäischen Kontext ders., Grundlinien, S.448-506. 
s7 Zu den Ansätzen des Wiederaufbaus vgl. die ungedruckte Dissertation von Harth, Wiederaufbau. 
ss Zum Vordringen Frankreichs nach dem Ende des 30jährigen Krieges vgl. Herrmann, Grundlinien, 
S.506-510; zur Situation Saarbrückens vgl. auch Jung, Ackerbau, S.25f. 
59 Vgl. zur französischen Reunionszeit Textor, "Saarprovinz", S. 1 -76; Herrmann, Frankreich, S.454-459, 
sehr stark die 'modernen' Elemente betonend Schmitt, Herrschaftsräume, S.40-43. 
6,1 Dafür liefern unsere Protestfalle beredte Beispiele, s.dazu auch Schmitt, Republik, S.17. 
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