Absolutismus und der Aufklärung'60. Da die alten Zehntabgaben und Akzisen weiter
bestehen blieben, wurde das landesherrliche Steuerwesen nur "partiell modernisiert",
so daß man - mit Jung - korrekterweise von einer "Teil-Rationalisierung des Steuer¬
wesens" sprechen muß160 161. Das war die eine 'aufklärerische' Seite der Steuerreform.
Die andere, damit ganz eng verbundene 'Schattenseite', auf die wir bereits an anderer
Stelle hingewiesen haben, bestand darin, daß die neue Steuer eine deutliche Einnah¬
meerhöhung gegenüber den Erträgen aus den alten, von ihr abgelösten Abgaben
darstellte162. Überhaupt fand Hans-Heinz Gerhard, daß "die Ausdehnung des
Steuervolumens (...) doch wohl der Hauptgrund für die Durchführung der General-
Renovatur" gewesen sei163. Damit diente die neue Steuer - selbst eine Reformma߬
nahme ersten Ranges - auch der Finanzierung der anderen Reformprojekte des
Fürsten, ln diesem Zusammenhang standen auch die zahlreichen Neueinführungen
und Erhöhungen von Abgaben, von denen hier nur einige genannt seien: der Kartof¬
felzehnt wurde von Wilhelm Heinrich eingeführt, sodann in Geld umgewandelt und
noch im Jahre 1764 verdoppelt164; überhaupt zeichnete sich seine Regierungszeit
durch die sog. Monetarisierung aus, d.h. die Umwandlung von Naturalabgaben in
Geld sowie die Ablösung von Dienstleistungen in Geld mit dem Effekt, daß - ähnlich
wie bei der neuen Steuer - die Geldabgaben wesentlich höher und für die Untertanen
in jedem Fall wesentlich belastender waren als die alten Abgaben und Dienste165.
Was die Tabak- und Branntweinadmodiation betraf, so kam es unter Wilhelm Hein¬
rich erstmals zu rechtlich fixierten Pachtverträgen, die - wie Gerhard hervorhob - nur
einem Zweck dienten: "Aufbringung einer möglichst hohen Steuer unter weitgehen¬
der Ausschaltung von jedem Risiko"166. Vor allem aber die sog. Landkassengelder
oder kurz 'Landgelder' genannt, die sich aus Reichs-, Kreis- und landesherrlichen
Steuern zusammensetzten und deren Höhe sich nach dem jeweiligen Landesbedarf
richtete, erfuhren eine ungewöhnlich starke Steigerung167. Die Erhöhungen und
Neueinführungen von Abgaben bildeten die flankierenden Maßnahmen der
reformabsolutistischen Politik Fürst Wilhelm Heinrichs. Eine Gesamtbewertung
seiner Reformpolitik darf diesen Zusammenhang nicht übersehen.
160 Vgl. allgem. dazu Wolf, Steuerreformen, S. 162-173.
161 Jung, Wirtschaftspolitik, S.149.
'K Vgl. dazu nochmals die Steuerliste für alle Orte der Grafschaft Saarbrücken, die die alten Abgaben mit
der neuen Steuer in Bezug setzt, Saarbrücken 17.Oktober 1766: LA SB 22/2313, S.75-78.
163 Gerhard, Steuerwesen, S. 159.
164 Vgl. ebd. S.49.
165 Vgl. zur Monetarisierung und ihrer Einnahmesteigerung Karbach, Bauernwirtschaften, S.167ff., 193-
198 u. 210-219; Collet, Wirtschaftsleben, S. 18f.; allgem. zu diesem Aspekt unter Wilhelm Heinrich:
Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.51; relativierend dazu, was die Staatseinnahmen betrifft: Klein,
Staatshaushalt, S.245.
Vgl. zur Verpachtung von Branntwein und Tabak: Gerhard, Steuerwesen, S.95-103 (zit. S. 103);
relativierend zu den tatsächlichen Einnahmeerträgen aus der Tabakverpachtung in der Regierungszeit
Wilhelm Heinrichs: Klein, Staatshaushalt, S.244.
167 Vgl. Gerhard, Steuerwesen, S.140ff; Karbach, Bauernwirtschaften, S.170ff.
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