des Fürsten stieß eine im Jahre 1751 von der weltlichen Beamtenschaft ins Leben
gerufene Witwen- und Waisenkasse, deren Satzungen, wie Bleymehl ausfiihrte,
"einen ungleich 'rationaleren Geschäftsbetrieb'" erkennen ließen als die entsprechen¬
den Kassen der Geistlichen153. Hier sei noch auf den Bereich der Bildung verwie¬
sen154: Für die Förderung des Bildungsstandes der Bevölkerung hat sich Wilhelm
Heinrich keine großen Verdienste erworben, auf dem Gebiet des Volksschulwesens
erneuerte er lediglich die Verordnung seiner Mutter über den pflichtgemäßen
Schulunterricht, das Ludwigsgymnasium wiederum erfuhr gelegentliche
Geldzuwendungen des Fürsten für seine Ausstattung155; von einem 'Pressewesen' läßt
sich schwerlich reden, seit 1747 gab es einen Saarbrücker Kalender, und 1761 ließ
der Fürst ein Allgemeines Wochenblatt unter Aufsicht und Leitung der Regierung
erscheinen, das in erster Linie als Anzeigenblatt fungierte156.
Eine wichtige Reform Wilhelm Heinrichs, die wir bislang nur am Rande gestreift
haben, wollen wir jetzt am Ende in ihrem eigentlichen Kontext darstellen: die Ein¬
führung einer ordentlichen, allgemeinen direkten Grund- und Gebäudesteuer157. Es
war das erklärte Ziel der Herrschaft, die große Ungleichheit im Bereich des Steuer¬
wesens, die sich daraus ergab, daß die alten Abgaben ehemals willkürlich angesetzt
wurden und ein Privat Interesse zum Grund gehabt hatten, zu beseitigen und einheit¬
liche Besteuerungsmaßstäbe anzuwenden158. Auf der Grundlage der im Zusammen¬
hang mit der Reform der Agrarverfassung bereits erwähnten Generalrenovatur, die in
den 1750er Jahren durchgefuhrt wurde und eine exakte Vermessung und Bewertung
des Landes nach Güteklassen brachte, wurde in allen nassau-saarbrückischen Ämtern
eine einheitliche Steuer eingeführt, die die offenkundigsten Unregelmäßigkeiten bei
den direkten Steuern beseitigte und die alten Abgaben des Schafts, der Schatzung,
des Weinfuhrgeldes, des Ackerland-, Wiesen- und Maulzinses abschaffte159. Die
Einführung einer neuen einheitlichen Steuer, die den Namen 'Quartalsteuer' trug,
weil sie zu einem festen Zeitpunkt - vierteljährlich - erhoben wurde, war eine ganz
bedeutende und zugleich ganz typische 'Modemisierungsmaßnahme' im Zeitalter des
153 Vgl. Bleymehl, Forschungen, S.83.
154 Vgl. dazu Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.37-39 mit der weiterführenden Literatur; s.a. Dotzauer,
Wilhelm Heinrich, S.78.
155 Vgl. dazu auch Ruppersberg, Gymnasium.
156 Vgl. dazu Bleymehl, Aufklärung, S.78; Ruppersberg, Grafschaft II, S.273.
157 Vgl. Gerhard, Steuerwesen, S.155fE; Jung, Wirtschaftspolitik, S.145ff.; Herrmann, Wilhelm Heinrich,
S.51; das Steuerwesen in Nassau-Saarbrücken ist vor allem, was die Reformen im 18.Jahrhundert
betrifft, noch nicht richtig aufgearbeitet; die wenigen Bemerkungen von Gerhard zur Generalrenovatur
und zur Einführung der neuen Steuer sind sehr unbefriedigend; viele Hinweise finden sich beispiels¬
weise in dem Aktenband: LA SB 22/2313, der von Gerhard gar nicht herangezogen wurde.
158 Vgl. das Gutachten der Saarbrücker Rentkammer zur damaligen Einführung der neuen Steuer,
Saarbrücken 14.November 1766: LA SB 22/2313, S.91-99, zit. S.92f.
159 Vgl. das Verzeichnis der durch die neue Steuer beseitigten alten Abgaben v. 25.September 1766:
LA SB 22/2313, S.49.
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