Full text: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim

und Gerhard IV. in den Quellen nicht gleichzeitig Vorkommen, sondern nach¬ 
einander, Heinrich I. bis 1061332, Gerhard IV. ab 1064333. 
Es spricht aber auch einiges gegen die These von Heinrich Witte, daß Gerhard IV. 
ein Sohn Gerhards III. gewesen sei, denn, wie soeben erwähnt, tritt uns Gerhard IV. 
erstmals im Jahre 1064 in einem Diplom Heinrichs IV. entgegen334, was auch Witte 
sieht335. Gerhard hat, wie aus dem Diplom Heinrichs IV. klar erkennbar ist, 
offensichtlich die Nachfolge des verstorbenen Grafen Heinrich I. im elsässischen 
Nordgau angetreten336. Witte meint, Gerhard hätte wegen seiner Minderjährigkeit 
die Grafschaft im Nordgau an Heinrich I. abtreten müssen, und nach dessen Tod 
hätte er „sein gutes Recht“ erlangt und sei Graf im Nordgau geworden337. Nun wird 
auch letztere These Wittes durch kein Quellenzeugnis gestützt, sie kann auch bei 
näherer Prüfung nicht aufrechterhalten werden. Gerade aber durch das Faktum, daß 
Gerhard die Nachfolge Heinrichs I. im Grafenamt im elsässischen Nordgau antritt, 
wird doch weit mehr die Annahme nahegelegt, daß Gerhard der Sohn Heinrichs I. 
gewesen ist. Die These Wittes wirkt dagegen sehr konstruiert; zudem spricht noch 
ein weiterer Umstand gegen sie: Wenn Gerhard IV. wirklich der Sohn des 1038 
getöteten Gerhard III. gewesen sein soll, warum taucht er dann nicht schon bald 
nach dem Tod Gerhards III. auf, sondern erst 1064, kurze Zeit nach dem Tod 
Heinrichs I. Mit einer eventuellen Minderjährigkeit Gerhards IV. beim Tod 
Gerhards III. läßt sich dieser Umstand nicht befriedigend erklären. Es ist jedoch um 
ein Vielfaches schlüssiger, Gerhard III. als Sohn Heinrichs I. anzusehen, dann 
erklärt sich alles zwanglos. Er folgt nach dem Tod seines Vaters, also nach 1061338, 
diesem in der Grafschaft im Nordgau nach und ist dort ab 1064 als Graf belegt. Wir 
können jedoch noch ein weiteres Argument ins Feld führen. Hierzu müssen wir uns 
den Erbgang bezüglich der Burganlage Hoh-Egisheim näher ansehen. 
Hoh-Egisheim war wohl als Gesamtanlage in der Hand von Graf Heinrich I.339 
Nach seinem Tod kam es zur Aufteilung der Burg unter seine Erben. Dies geht aus 
einer Auseinandersetzung zwischen Gerhard IV. von Egisheim und Hugo VI. 
hervor, die uns durch ein Schreiben von Papst Gregor VII. vom 29. Oktober 1074 
an die Bischöfe von Straßburg und Basel dokumentiert wird340. Gerhard und Hugo 
waren über die Vogteirechte über das Kloster Heiligkreuz in Streit miteinander 
geraten. Nach dem Privileg Leos IX. für das Kloster Heiligkreuz bei Woffenheim 
sollte der älteste der Besitzer der Burg Egisheim die Vogtei über das Kloster Heilig¬ 
kreuz innehaben341. Gregor VII., der die Bulle seines Vorgängers kannte, wies die 
332 Siehe oben Anm. 304. 
333 D H IV 126, S. 164 f.; siehe das ausführliche Zitat in Anm. 305. 
334 Ebda 
335 Witte, Genealogische Untersuchungen, 2. Teil, S. 107. 
336 Siehe das wörtliche Zitat in Anm. 305. 
337 Witte, Genealogische Untersuchungen, 2. Teil, S. 107 f., Zitat, ebda., S. 107. 
338 Siehe oben S. 56. 
339 Siehe auch unten im Kap. 'Besitzungen' den Art. 'Haut-Eguisheim/Hoh-Egisheim'. 
340 Das Register Gregors VII., ed. E. Caspar, 1. Bd., MGH Epp. sei., 11,1: Gregorii VII 
registrum lib. I-IV, Berlin 1920, Nr. 11,14, S.146 f. 
341 Siehe dazu unten im Kap. 'Vogteien' den Art. 'Heiligkreuz bei Woffenheim'. 
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