Burchard von Straßburg trat er 1162 von seinen Ansprüchen zurück920. In diesem
Zusammenhang sei noch auf zwei Viten des Hl. Florentius hingewiesen. Die
sogenannte Berner Vita 921, die wahrscheinlich nach 1162 entstanden ist922, enthält
eine Episode mit jenem Anselm von Ringelstein, die wahrscheinlich als eine
hagiographische Umsetzung jener soeben geschilderten Vorgänge zu deuten ist. Die
Vita berichtet, daß Anselm von Ringelstein oft von seiner Heilung von tödlicher
Krankheit durch den Hl. Florentius erzählte. Anselm und seine Ministerialen
wurden nämlich wegen ihrer Missetaten an der Bevölkerung des Flaslacher Tales
von Gott gestraft. Während viele der Leute Anselms starben, wurde dieser selbst
von Florentius, der ihm erschienen war, unter der Bedingung geheilt, daß er die
Bewohner des Tales nicht weiter bedrücke923.
In der zweiten, der sogenannten Freiburger Vita, die laut Medard Barth um 1170
entstanden ist, wird ebenfalls diese Geschichte des Anselm von Ringelstein erzählt,
allerdings viel ausgeschmückter. Diese Vita ist in unserem Zusammenhang von
besonderem Interesse durch die Behauptung des Verfassers, daß Anselm von
Ringelstein zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Vita adhuc super es t, also noch
am Leben sei924. Außerdem habe Anselm zusammen mit seiner Gattin nach seiner
929 Ebda
921 Die Vita des hl. Florentius ist abgedruckt bei M. Barth, Der heilige Florentius, Bischof
von Straßburg. Sein Weiterleben in Volk und Kirche, Strasbourg-Paris 1952; auch in
AASS, Nov., tom. Ili, S. 400-402 (Vita S. Florentii episcopi). Zur Frage der
Entstehungszeit siehe Barth, Florentius, S. 53 f.
922 Barth, Florentius, S. 54, gibt als Entstehungszeit der Vita „kurz nach 1160“ an,
allerdings modifiziert er seine Meinung einige Seiten später und erklärt, die Vita sei um
1162 entstanden (ebda., S. 57). Biller u. Metz, Anfänge, S. 261, datieren die
Entstehung der Vita auf frühestens 1162. Die Datierung auf einen Zeitpunkt nach 1162
scheint mir die wahrscheinlichere zu sein, da von der sogenannten 'Bekehrung' des
Anselm von Ringelstein erst nach erfolgter Bekehrung berichtet werden kann, zu der die
oben erwähnte Urkunde aus dem Jahre 1162 wohl das historische Faktum liefert. Vgl
dazu C. Wilsdorf, La première vie de saint Florent évêque de Strasbourg et sa valeur,
extrait de fa Revue d'Alsace, tome 94, Dijon 1955, S. 57.
923 Castri etiam in Ringelstein dominus Anshelmus nomine, persæpe rettulit quod clientela
sua, sicut illud hominum genus assolet, incolas vallis multimodo molestabant; quorum
querela clamor et lacritrue ad aures sancti Dei perstrepebant. Nec mora, sequitur ultio
divina; unius anni spatio quam plures e familia morbo correpti peste perierunt,
commilitones et socii mutuis se vulneribus consciderunt. Demum dominus febre
corripitur, mors sola præstolalur, somnus subrepit visumque est sibi se iuxta curtim, quœ
dicitur Sancti Martini, in condensis veprium secus viam iacere, ac penes se reverenda;
personœ virum in equo transire suique doloris causas inquirere. Quo viso, dolens
auxilium postulat et quis sit prœteriens demandat. Cui sanctus: «Ego sum», inquit,
«Florentius. Tu per me sanitati restitutus, equo, quem me sequi vides, inside ac me
quamtocius imitare. A molestia quoque populi, quem hactenus turbasti, summa cautela
desiste.» Obtemperat ceger sicque somno excitus surgit sanus et redit ad propria, gratias
agens. Deo Patri et Filio et Spiritui sancto, qui est benedictus in scecula. Arnen
(abgedruckt in Barth, Florentius, S. 70; auch in AASS, Nov., tom. III, S. 402).
924 Die Stelle lautet im Zusammenhang: Porro tamen, quoniam ad metam tendimus huius
opusculi, nequaquam hoc silentio prceterire duximus, quod ipso, qui adhuc superest,
domino Ansselmo de Ringelstein referente cognovimus, prœsertim cum non minoris
possit am/nirationis esse prcefatis sancti viri virtutibus (Barth, Florentinus, S. 81).
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