9. Burgenpolitik - Herrschaftsbildung - .Territorialpolitik
1100-1212
Burgenausbau der Dagsburger Grafen im 12. Jahrhundert
Ein Machtinstrument, um die Herrschaft von Königen, Bischöfen oder Adcls-
familien über bestimmte Gebiete oder Landstriche zu sichern, stellten im hohen
Mittelalter zweifellos Burgen dar. In dem Bestreben, möglichst viele dieser wehr¬
haften Gebäude für ihre politischen Zwecke nutzen zu können, dürften die Grafen
von Dagsburg keine Ausnahme dargestellt haben. François Rapp hat nun vor
einigen Jahren die These aufgestellt, daß die Grafen von Dagsburg-Egisheim
zwischen Hoh-Egisheim und der Dagsburg eine regelrechte Burgenkette errichtet
hatten, welche im Kampf um die Vorherrschaft im Elsaß ein wichtiges
Machtinstrument bedeutete1081. Die Aktivitäten von Herzog Friedrich II. von
Schwaben im Elsaß in den Jahren zwischen 1114 und 1118 im Dienste des
Salierkaisers und auch diejenigen Kaiser Friedrich Barbarossas seien als Antwort
auf dieses Burgensystem zu verstehen1082.
François Rapps These muß einer kritischen Betrachtung unterzogen werden, da
nicht alle Burgen, von denen er behauptet, sie seien dagsburg-egisheimische
Gründungen, von diesen Grafen auch wirklich erbaut worden sind. So weist Rapp
die Burgen Rappoltstein, Hohenstein, Nideck und Ringelstein als Besitzungen
dieses Grafengeschlechtes aus1083, was sich für Rappoltstein, Hohenstein und
Nideck durch Quellen nicht belegen läßt1084 oder, wie im Falle von Ringelstein,
sich als definitiv nicht richtig herausstellt. So läßt sich z. B. für die Burg Ringel¬
stein, die in der älteren Forschung immer als dagsburgischer Besitz bezeichnet
wurde, bei exakter Interpretation der Quellen nachweisen, daß sie dem Straßburger
Bischof gehörte und von Vasallen des Bischofs besetzt war, wie besonders die
Forschungen von Bernhard Metz und Thomas Biller erwiesen haben1085. Letztlich
1081 F. Rapp, Zur Geschichte der Burgen im Elsaß mit besonderer Berücksichtigung der
Ganerbschaften und der Burgfrieden, in: Die Burgen im deutschen Sprachraum. Ihre
rechts- und verfassungsgeschichtliche Bedeutung, 2. Teil, hrsg. v. H. Patze(= VuF
19), Sigmaringen 1976, S. 229 f.
1082 Ebda., S. 230.
!083 Ebda.
1084 Zu Rappoltstein siehe Clauss, Wörterbuch, S. 864 ff. - Zu Hohenstein siehe allg.
CLAUSS, Wörterbuch, S. 486. Für die Besitzfrage ist eine Urkunde König Heinrichs
(VII.) vom 28. November 1226 von Interesse. Den Brüdern Heinrich und Albert von
Hohenstein sollte vom Straßburger Bischof die diesem von König Heinrich (VII.) im
Zusammenhang mit den Streitigkeiten um das Dagsburger Erbe verpfändete Burg
Wichersheim, sozusagen als neutrale Personen, zur Bewahrung übergeben werden
(BÖHMER, Acta, Nr. 319, S. 279 f.; siehe RegBfeStr. II, Nr. 921, S. 45). Dieser
Umstand spricht m. E. dafür, daß Albert und Heinrich von Hohenstein, und somit auch
ihre Burg, nicht mit dem Dagsburger Erbe in Verbindung zu bringen sind - Nideck war
Besitz des Straßburger Bistums. Siehe Urkundenbuch der Stadt Straßburg 1. Bd., Nr.
552, S. 419 f. Vgl. dazu Clauss, Wörterbuch, S. 757.
1085 B. METZ, Le château de Ringelstein - Étude historique, in: Études médiévales.
Archéologie et histoire 3, Saverne 1985, S. 41-66 u. B il J.er u. Metz, Anfänge, S. 261;
siehe dazu unten im Kap. 'Fälschlich zugewiesene Besitzungen' den Art. 'Ringelstein'.
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