Full text: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim (31)

Über den unmittelbaren Anlaß zu jenem Überfall schweigen die Quellen. Die 
Behauptung, Walther von Horburg hätte sich wie ein Raubritter gebärdet, wie es 
Philipp André Grandidier634 und im Anschluß daran Ute Schwab vermuten635, läßt 
die politische Dimension dieses Konfliktes völlig außer acht und geht am 
Sachverhalt vorbei. Möglicherweise war Horburg den macht- und wirtschafts¬ 
politischen Absichten des Dagsburger Grafen im Wege. Das wirtschaftlich 
aufstrebende Colmar636 stand zu diesem Zeitpunkt ganz unter dem Einfluß des 
Grafen von Dagsburg, in dessen Besitz sich die Vogteien über den Konstanzer 
Niederhof und den zu dem in der heutigen Schweiz gelegenen Kloster Peterlingen 
gehörenden Oberhof mit dem dazugehörigen Priorat St. Peter in diesem Ort 
nachweisen lassen637. Durch den Besitz dieser beiden wichtigen Vogteien hatte der 
Dagsburger in Colmar eine beherrschende Stellung inne. Vielleicht verfügte Hugo 
VIII. darüber hinaus in diesem Ort noch über alten egisheimischen Allodial- 
besitz638. In wirtschaftlicher Hinsicht war Horburg gegenüber dem benachbarten 
Colmar schon während des frühen Mittelalters ins Hintertreffen geraten. Es war zu 
einem mehr oder w eniger bedeutungslosen Ort herabgesunken639, allerdings zeigen 
sich im 12. Jahrhundert noch Spuren einer einstmaligen Abhängigkeit Colmars von 
Horburg und zwar in Form von Pfarrechten, welche der Pfarrer von Horburg über 
die St. Peterskirche in Colmar bis nach der Mitte des 12. Jahrhunderts besaß640. Die 
Peterskirche ist den Peterlinger Besitzungen in Colmar zuzurechnen, wie wir aus 
den gefälschten Privilegien der Päpste Calixt II. von 1123 und Eugen III. von 1148 
entnehmen können641. Hier werden auch die Zehntrechte des Leutpriesters von 
Horburg angesprochen, der demnach noch die Seelsorgerechte über die Colmarer 
Besitzungen des Klosters Peterlingen hatte642. Vielleicht können wir in diesen 
traggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150-1300, München 1979, S. 104 u. 
346, Anm. 213. 
634 Grandidier, Œuvres, 2. Bd., S. 429 f.: „Hugues, comte de Dabo, revint aussi en Alsace 
avec l'évêque Burchard. Sa présence y devenait nécessaire, parce que Walther de 
Horbourg ravageait des terres“. 
635 Schwab, Datierung, S. 123. 
636 Zu der Bedeutung Colmars siehe A. Hund, Colmar vor und während seiner Ent¬ 
wickelung zur Reichsstadt, Straßburg 1899, S. 64 ff.; A. SCHERLEN, Colmar. Dorf 
und Stadt. Vorgeschichte und Geschichte nebst Anhang, Colmar 1931, S. 9-12; H. Fein, 
Die staufischen Städtegründungen im Elsaß, Frankfurt am Main 1939, S. 22-27, bes. S. 
23 f.; die Angaben von Maier, Stadt und Reichsfreiheit, S. 46-54, sind sehr fehlerhaft 
und mit äußerster Vorsicht zu benützen. 
637 Zu den Vogteirechten der Dagsburger Uber den Konstanzer Niederhof in Colmar siehe 
unten im Kap. 'Besitzungen' den Art. 'Colmar'; zu den Konstanzer Besitzungen in 
Colmar vgl. auch E. Waldner, Rechte und Güter der Dompropstei von Konstanz in 
Colmar und Umgegend, in: ZG0 48 (NF 9), 1894, S. 261-273. 
638 Siehe dazu im Kap. 'Besitzungen' den Art. 'Colmar'. 
639 Siehe auch Waldner, Castrum Argentariense, S. 447. 
640 Siehe auch ebda., S. 444-447. 
641 Zu den Peterlinger Urkundenfälschungen siehe auch H. E. Mayer, Die Peterlinger 
Urkundenfälschungen und die Anfänge von Kloster und Stadt Peterlingen, in: DA 19, 
1963, S. 30-129; Ders., Les Faux des moines de Payerne, in: L'Abbatiale de Payerne, 
Lausanne 1966, S. 21-39. 
642 Privileg Calixts II., abgedruckt in Fontes rerum Bernensium, 1. Bd., Bern 1883, Nr. 157, 
S. 382 ff.: Et quum popularis presbiter de Orburt de omnibus antiquis domnicaturis 
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