VIII. Nun waren zweifellos geblütsrechtliche Ansprüche auf Luxemburg durch
Hugo VIII als Enkel der Ermensinde nicht von der Hand zu weisen. Hugo VIII.
scheint jedoch in dieser Erbschaftsfrage weitgehend, wenn nicht sogar gänzlich,
übergangen worden zu sein Das Vorgehen der Namurer Partei in bezug auf das
luxemburgische Erbe wird möglicherweise durch Ausnutzen der relativen Jugend
Hugos VIII. zum Zeitpunkt des Erbfalles - Hugo VIII. wird 1137 noch puer
genannt529 - erleichtert worden sein. Wahrscheinlich noch im Jahre 1138 wurde
schließlich Heinrich von Namur von König Konrad III. mit der Grafschaft
Luxemburg belehnt530. Ebenso wie Heinrich Witte sieht Ferdinand Tihon in diesem
Übergehen der Ansprüche des Dagsburgers einen möglichen Anlaß zu der Fehde
mit Heinrich dem Blinden53*. Allerdings ist merkwürdigerweise in den Quellen
nirgends explizit von solch einem Anspruch Hugos die Rede, der doch von einiger
Tragweite gewesen wäre, lediglich von der Tatsache der Fehde zwischen Heinrich
von Namur und Hugo von Dagsburg wissen wir. Hätte Hugo seine Ansprüche auf
Luxemburg mit Vehemenz vertreten, würde dies meines Erachtens sicher in den
erzählenden Quellen seinen Niederschlag gefunden haben. Dabei gilt es jedoch zu
bedenken, daß die Dagsburger Grafen zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht das
Grafenamt in Metz innehatten, Hugo VIII. hat es erst um 1153/54 von Friedrich
Barbarossa übertragen bekommen532. Somit war es für Hugo VIII. in den dreißiger
und vierziger Jahren noch nicht abzusehen, daß die Erwerbung des Luxemburger
Erbes, vor allem im Hinblick auf den Aufbau eines einigermaßen geschlossenen
Herrschaftskomplexes, eine geradezu ideale Ergänzung zur Metzer Grafschaft
gewesen wäre. Insofern kann die Zurückhaltung Hugos VIII. in der luxem¬
burgischen Erbschaftssache verständlich erscheinen. Es ist wohl denkbar, daß das
Luxemburger Erbe einen der Anlässe zu dieser Fehde lieferte. Die
Auseinandersetzungen müßten sich folglich mehr als zehn Jahre hingezogen haben
Soweit ich sehe, dürfte jedoch eine weitere, bisher von der Forschung noch nicht
beachtete, territorialpolitische Auseinandersetzung zwischen Heinrich von Namur
und Hugo von Dagsburg als eine der wesentlichen Ursachen für die Fehde gedient
haben, wie sich aus einigen zwischen 1121 und 1163 ausgestellten Urkunden
ersehen läßt. Diese LJrkunden, die uns über die Hintergründe dieses Konfliktes
Aufschluß geben, haben bei oberflächlicher Betrachtung scheinbar gar nichts mit
der von uns untersuchten Sache zu tun. Aber auch hier ist in der Person der
Ermensinde von Luxemburg der Schlüssel zu den territorialpolitischen
Streitigkeiten ihrer beiden Nachkommen, ihres Sohnes und ihres Enkels, zu finden.
529 Siehe dazu oben, S. 93 mit Anm. 520.
00 Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, 1. Bd., Nr. 395, S. 562.
531 Tihon, Dissertation, S. 259. Es muß jedoch betont werden, daß Tihon einige Seiten
vorher in seiner Abhandlung 'Histoire du Chateau & du comte de Moha', die in
derselben Nummer der ACHSBA wie die 'Dissertation sur les comtes de Dasbourg, de
Metz & de Moha' veröffentlicht wurde, die Möglichkeit in Betracht zieht, daß Graf
Heinrich von Namur einen Teil des Witwengutes seiner Mutter von Hugo VIII.
zurtickgefordert hat. Siehe Tihon, Histoire, S. 172.
532 Siehe dazu unten, S. 250-256.
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