Bernhardis und Rousseaus Ansatz erklärt aber nicht die Verwicklung des
Dagsburger Grafen in die Fehde. Hugo VIII. hatte weder etwas mit Tourinne-la-
Chausee zu tun, noch ist bekannt, daß er Beziehungen zu den Grafen von Rupe und
von Montaigu unterhielt. Welche Gründe kömite es also für Hugo VIII. gegeben
haben, sich auf die Seite der Gegner seines Onkels Heinrich zu schlagen? Den
Versuch einer Erklärung unternimmt hingegen Heinrich Witte. Er schließt aus der
Beteiligung Hugos von Dagsburg an dieser Fehde, daß dieser Ansprüche auf
Luxemburg geltend gemacht hatte525. Ermensinde, Hugos Großmutter, war ja die
Schwester des Grafen Wilhelm von Luxemburg, der wohl im Laufe des Jahres 1129
verstarb526. Dessen Sohn und Nachfolger Konrad wiederum starb, ohne leibliche
Erben zu hinterlassen, noch im Jahre 1135 oder kurz darauf527, so daß zu diesem
Zeitpunkt die Erbfolgefrage akut wurde. Der aus Ermensindes zweiter Ehe
hervorgegangene Sohn, Heinrich der Blinde von Namur, hat in der Folgezeit gegen
die Schwester Konrads von Luxemburg, welche mit dem Grafen von Grandpr6
verheiratet war, Erbansprüche auf die luxemburgischen Güter erhoben528 und auch
die Belehnung mit der Grafschaft Luxemburg durch den König angestrebt. Der
Sohn Ermensindes aus ihrer ersten Ehe, Hugo VII., war zum Zeitpunkt des
Erbfalles bereits tot, aber es existierte ja immerhin als dessen Erbe sein Sohn, Hugo
iterum violenter occupavit (Zitat, ebda., S. 130); siehe auch Wampach, Urkunden- und
Quellenbuch, 1. Bd., Nr. 435, S. 610, u. Bernhardi, Konrad III., S. 695.
525 Witte, Genealogische Untersuchungen, 2. Teil, S. 114.
526 Zur Diskussion um das Todesjahr Wilhelms siehe Renn, Grafenhaus, S. 168. Renn,
ebda, möchte als letzten sicheren urkundlichen Nachweis die Erwähnung Wilhelms in
einem Diplom Lothars III. an Weihnachten des Jahres 1128 (D Lo III 14, S. 17 f.)
ansehen; vgl. dazu auch Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, 1. Bd., Nr. 374, S.
539. Allerdings vermutet Renn, S. 168, daß jener Graf Wilhelm und dessen Schwester
Ermensinde, welche in einer Urkunde von Erzbischof Meginher von Trier vom 17. Juni
1129 (Beyer, Urkundenbuch, 1. Bd., Nr. 465a, S. 524) als Kinder einer Gräfin
Clementia bezeichnet werden, mit dem luxemburgischen Geschwisterpaar identisch sind
(siehe dazu auch oben, S. 157). Anfang des Jahres 1131 ist Wilhelm von Luxemburg
sicher schon verstorben, da die Diplome Lothars III. vom 29. März dieses Jahres für
Beuron (D Lo III 33, S. 51-55) und vom 23. April desselben Jahres für Echternach (D
Lo III 36, S. 60 f.) schon Wilhelms Sohn Konrad nennen.
527 Die letzte Erwähnung Konrads von Luxemburg datiert vom 30. Mai 1135. Er stellt an
diesem Tag eine Urkunde für St. Maximin in Trier aus, in der die Vogteifragen geregelt
werden. Druck bei Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, 1. Bd., Nr. 385, S. 548-553;
vgl. ebda., Nr. 387, S. 554 ff.; siehe auch Renn, Grafenhaus, S. 169.
528 La chronique de Gislebert de Mons, S. 62 f.: ... Hic autem Henricus comes
Namurcensis, post decessum avunculi sui Willelmi comitis de Lusceleborch, comitatum
de Lusceleborch sic adeptus est, quod medietatem alio diorum ex parte matris sue
Ermensendis comitisse jure hereditario adeptus juit; feoda vero, scilicet dignitatem
comitatus et Thiunvillam et advocatias Sancti Maximini in Treveris et Sancti Willebrordi
in Eternacho, per gratiam domini imperatoris Romanorum, quia avunculus ejus absque
proprii corporis herede masculo decesserat, plenarie obtinuit contra consobrinam
suam, ipsius comitis Willelmi filiam, que cum ipso Henrico comite Namurcensi in
allodiis participavit, quam duxit in uxorem comes de Grandi-Prato, et ex ea filium
habuit Henricum, militem probum, agnomine Waffiart. Gislebert stellt die Situation
nicht ganz richtig dar. Weil er den Sohn Wilhelms von Luxemburg, Konrad, nicht kennt,
glaubt er, der Erbfall sei nach dem Tode Wilhelms eingetreten. Vgl. auch ebda., S. 62,
Anm. 5.
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