Unternehmensleitung obligatorisch sein. Bei Kapitalgesellschaften mit mehr als 100
Arbeitnehmern war vorgesehen, daß einem von den Arbeitnehmern ausgewählten
Wirtschaftsprüfer die Geschäftsunterlagen vorgelegt werden mußten. Eine solche
konkretisierte Mitbestimmung zeigt den Willen der Franzosen, eine Rechtszersplitte¬
rung Deutschlands in der Mitbestimmungsfrage zu verhindern, der durch die im
Kontrollratsgesetz vorgesehenen Betriebsvereinbarungen, welche eine Aushandlung
der Kompetenzen über die Tarifpartner vorsahen, Tür und Tor öffneten.8
Auch wenn sich die französische Position in der Mitbestimmungsfrage auf Kontroll-
ratsebene nicht durchsetzen konnte, so bleibt als Befund eine im Vergleich zu Briten
und Amerikanern relativ fortschrittliche Politik.
1.2 Die Betriebsrätegesetzgebung in der französischen Zone
Rainer Hudemann hat bereits 1979 auf die fortschrittliche Betriebsrätegesetzgebung in
der französischen Zone hingewiesen, er verwies insbesondere auf das Betriebsrätege¬
setz von Rheinland-Pfalz, das als Grundlage für das badische Gesetz diente, was von
der Forschung bisher völlig übersehen worden war.9 Grundsätzlich gilt nach Hude¬
mann für Frankreich in seiner Zone, daß es sich in Sachen Mitbesümmung fortschritt¬
licher und konzilianter verhielt als die übrigen Besatzungsmächte.
Rheinland-Pfalz war das erste Land der Westzonen, das eine Verordnung erhielt, die
über die Mitbestimmungsregelungen des Kontrollratsgesetzes spürbar hinausging und
Betriebsräten eine Mitwirkung bei der Entwicklung und Steigerung der Produktion, der
Entnazifizierung und Verhinderung der Rüstungsproduktion zubilligte. Neben diesen
Regelungen, die vor dem Hintergrund der besonderen politischen Verhältnisse der
unmittelbaren Nachkriegszeit zu sehen waren, markierte die Betriebsräteverordnung
für Rheinland-Pfalz auch qualitativ eine hohe Entwicklungsstufe, da in Artikel 37 das
Recht der wirtschaftlichen Mitbestimmung zwar nicht grundsätzlich vorgeschrieben -
aber als möglich vorgesehen wurde.10
Das badische Mitbestimmungsgesetz betonte die wirtschaftliche Mitbestimmung noch
etwas stärker. Es war nach Einschätzung von Edgar Wolfrum das arbeitnehmerfreund¬
lichste Betriebsrätegesetz der Nachkriegszeit, so entschlossen sich die Niederlande, das
badische Betriebsrätegesetz als Vorbild für die Mitbestimmungsregelung im eigenen
Gloria Müller, Der halbe Sieg. Weiehenstellungen für die Montanmitbestimmung 1945-1947, in:
Ulrich Borsdorf und dies. (Hrsg.), Beiträge zur Mitbestimmungsdiskussion (WSi Nr. 16), Düsseldorf 1987,
S.30 f.
9
Rainer Hudemannn, Sozialstruktur und Sozialpolitik in der französischen Besatzungszone 1945-
1949. Materialien und Forschungsergebnisse, in: JbWestLG 5/1979, S.391.
10 Alain L a 11 a r d, Gewerkschaften und Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz unter französischer Besatzung
1945-1949, Mainz 1988, S.189, 287-289.
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