Die geplante Aktionseinheit sollte sich auch in einer Kooperation zwischen DPS und
KP-Saar widerspiegeln, wobei durch Vermittlung von Grabowski auch Freiherr von
Verschuer193 von der Industrie und Handelskammer Frankfurt (IHK) bei den westdeut¬
schen Unternehmern für eine Saaraktion der westdeutschen Industrie werben sollte.194
Die Zusammenarbeit zwischen KP und DPS sollte soweit gehen, daß nach dem Vorbild
von Leo Schlageter ein Sabotagekommando im Saarland aufgestellt werden sollte. Zur
Durchführung dieses Plans wandte sich Ulrich Kloock an einen Grafen Thun,195 der mit
Repräsentanten der SRP wie Graf Westarp und Dr. Fritz Doris Verbindung aufgenom¬
men hatte und dabei auf eine abwartende Bereitschaft der SRP stieß. Die SRP signali¬
sierte, sie dürfe nicht als Urheber von Gewalttaten in Erscheinung treten, und eine
weitere Voraussetzung sei die finanzielle Unterstützung durch die SED.196 Die SRP
hatte in Agitationen auf Betriebsratsebene, z.B. im Bremer Borgward-Werk oder bei
Volkswagen in Wolfsburg, Erfahrungen gesammelt.197
Ein anderer Plan bestand darin, Aktivisten der KPD sollten ins Saarland einreisen und
entsprechende Verbindungen zu den Gewerkschaften aufbauen, sich dabei aber als
Angehörige des DGB tarnen.198 Eine gemeinsame Unterstützung für DPS und KP
erklärt sich wohl daraus, daß die SED auf die Oppositionskraft der DPS setzte und
hoffte, auf diese Weise die Oppositionsarbeit der saarländischen Genossen verstärken
und finanziell fördern zu können. Interessant ist auch, daß in der auf SED-Linie verfa߬
ten Arbeit von Walter Poeggel aus dem Jahre 1960 behauptet wird, daß westdeutsche
Monopole die französische Konkurrenz durch die Inbesitznahme bedeutender Teile der
saarländischen Industrie schwächen wollten.199
Freiherr von Verschuer war bis 1934 beim Oberpräsidenten im ostpreußischen Königsberg tätig und
wurde dann Referent in der Reichswirtschaftskammer. Er soll von der Gestapo verdächtigt worden sein,
dem Widerstandskreis des 20. Juli angehört zu haben. Dennoch war er nach Kriegsende ungefähr 9
Monate im Internierungslager 75 Kornwestheim. Das Spruchkammerverfahren wurde im Oktober 1946
eingestellt, weil Verschuer als entlastet galt. Siehe: HHstA Wiesbaden, Abt.520 Es 711.
194 MAE Nantes, HCS, Cab.Polit., Doss,70, Bl.145, Betrifft Tätigkeit SED-KPD in Sachen Saar.
195
Der Vorname ist unbekannt. Es könnte sich bei ihm um einen leitenden Angestellten im Berliner Büro
des Henschel-Konzerns (Metallverab. Indutrie) handeln, der diese Funktion im "Dritten Reich" ausgeübt
hatte. Siehe: BA KO, Kommunistische Partei Deutschlands /KPD (B 118) , Nr.41, Bl. 19.
196 MAE Paris, EU-Europe, Sous S. Sarre, Dass.107, B1.92 f., Schreiben Ulrich Kloocks vom 10.6.51.
Siehe: MAE Nantes, HCS, Cab.Polit., Doss.70, Bl.145 f., Betrifft: Tätigkeit der SED-KPD in Sachen Saar,
Bl. 147:" Weitere Verhandlungen führte Graf Thun, der sich vor allem mit Dr. Doris und Graf Westarp von
der SRP in Verbindung setzte (...). Immerhin erhielt Graf Thun die Zusicherung, daß die SRP
gegebenenfalls bereit sei, irgendwelche gewaltsamen Aktionen gegen die Saarregierung einzuleiten, wenn
sie dabei nicht als Partei in Erscheinung zu treten brauche, sondern durch kleine, scheinbar neutrale
Aktionsgruppen wirken könne. Eine solche Aktion müsse jedoch finanziell von der SED unterstützt
werden."
197 J e n k e, Die nationale Rechte, S.28-30, 41, 42.
198 MAE Paris, EU-Europe, Sous S. Sarre, Doss.107, Bl.94 f., Ulrich Kloock an KPD in Düsseldorf vom
17.6.51.
199 Walter Poeggel, Die Saarfrage in der Bonner Politik, Ost-Berlin 1960, S.95.
384