gen, die einen guten Kampfwillen bewiesen haben, aber noch kein Vertrauen zu den
Gewerkschaften gewonnen und deren Rolle im Kampf der Arbeiter noch nicht erkannt
haben".173
Diese Hintergründe zeigen, daß zur Hoffmann-Zeit die Mitbestimmungsfrage sehr
wohl von Bedeutung gewesen ist. Die Untersuchungen von Kotthoff und Ochs können
den Eindruck erwecken, als ob die Mitbestimmung im Saarland vor 1955 keine große
Rolle gespielt habe.174 Ein solcher Befund mag unter rein gewerkschafts- und sozial¬
politischer Perspektive gerechtfertigt sein, wird jedoch dem Sachverhalt in seiner
Gesamtheit nicht gerecht, weil die saarpolitische Bedeutung völlig unberücksichtigt
bleibt. Die Mitbestimmungsfrage wurde saarpolitisch instrumentalisiert. Sie sollte
Unruhe in den Betrieben und Gewerkschaften stiften, die Zwänge und Nachteile der
Wirtschaftsunion mit Frankreich aber auch den sozialpolitischen Fortschritt der Bun¬
desrepublik demonstrieren und damit den gesellschaftlichen Gegensatz zwischen
saarländischen Arbeitnehmern und französischen Unternehmern, insbesondere der
Règie, national überlagern, also an Denkmuster der Völkerbundszeit anknüpfen.
4.2 Phantom oder Fakt: Die Zusammenarbeit in der Saarfrage zwischen KPD/SED und
westdeutschen Industriellen und die Neubewertung des Remer-Telegramms
Zur selben Zeit entwickelten auch die SED und die KPD-Zentrale für die politische
Entwicklung an der Saar besonderes Interesse. Auch sie setzten dabei auf eine gezielte
Instrumentalisierung der Mitbestimmungsfrage. Bemerkenswert und bisher noch nie
angesprochen sind dabei die erkennbaren Bündniskonstellationen, die sich aus einem
Schriftwechsel von SED und KPD ergeben, der Grandval vom Präfekten des elsässi-
schen Départements Haut-Rhin Bernys im Juli 1951 zugeleitet wurde.175
Auch wenn die Vorgänge Verwunderung hervorrufen mögen, so ist an der Quellen¬
echtheit kein Zweifel anzumelden.
Aktionseinheit mit westdeutschen Industriellen und der extremen Rechten
Das Interesse der deutschen Industrie an dem Schicksal des Saarlandes war unmittelbar
nach Kriegsende ziemlich gering, weil man auf die eigenen Nöte fixiert war. Sowohl
Strohm als auch Hellwig versuchten von Anfang an bei ihrem saarpolitischen Engage¬
ment, die Wirtschaft zu berücksichtigen. Nach den auf breiter Quellenbasis abgesicher-
3 Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPM), Berlin,
Nachlaß Friedrich Bäsel/NL Basel 190, Nr.20, Bl.75 f., Politische Schwerpunktfragen des Sekretariats der
Landesleitung zum Kampf gegen die Durchführung der Pariser Verträge.
174 Hermann Kotthoff und Peter Ochs, Mitbestimmung an der Saar, Köln 1988, S.30, 43, 46, 51.
175 MAE Nantes, HCS, Cab. Polit, Doss.70, B1.149 f„ Schreiben von Grandval an Herrn Bernys, Préfet von
Haut-Rhin vom 17.7.51 :"J’ai bien reçu les documents concernant des activités communistes que vous avez
bien voulu me transmettre le 12 juillet
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