Full text: Sozialer Besitzstand und gescheiterte Sozialpartnerschaft

komplizierten Rechtsverhältnisse der Saargruben und der unter Sequester stehenden 
Hütten mit den saarländischen Minderheitsbeteiligungen.169 
Diese Vorgänge beweisen, daß Sebastian Glöbel vor dem Untersuchungsausschuß des 
Saarländischen Landtages, der nach dem Verbot des I.V. Bergbau eingerichtet worden 
war, die Wahrheit gesagt hatte, als er von Treffen mit Strohm und Thierfelder in Bonn 
berichtete, bei denen Paul Kutsch die Direktive erhalten habe, "die Ohnmacht und 
Unfähigkeit der Saarregierung zu demonstrieren, alle Fälle, jede Gelegenheit auf¬ 
zugreifen, aufzubauschen" - wie z.B. auch das Betriebsrätegesetz.170 
Auch im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die zukünftige Regelung der 
unter Sequester stehenden Röchling’ sehen Eisen und Stahlwerke in Völklingen läßt 
sich eine Instrumentalisierung der Mitbestimmungsfrage erkennen. So wandte sich 
Manfred Wagner vomDGB-Saar zu einer Zeit, als die Rückgabe des Unternehmens an 
die Familie Röchling eher unwahrscheinlich erschien, an die Bundesregierung:"Die 
Gewerkschaften hätten von der Firma Röchling erfahren, daß diese das deutsche 
Mitbestimmungsrecht in ihrem Unternehmen einzuführen gedächten. Wie stehe die 
Bundesregierung zu der Einführung der Mitbestimmung bei Röchling, wenn die 
Familie Röchling von ihr nicht mehr als Eigentümer angesehen sei".171 Hier deutet sich 
an, daß die Familie Röchling das im Montanbereich sehr fortschrittliche Mitbestim¬ 
mungsrecht instrumentalisierte, um den DGB-Saar als Bündnispartner für die Wahrung 
ihrer Eigentumsinteressen zu gewinnen. 
Insgesamt zeigt sich, daß zwischen der Bonner Strategie und der Konzeption der 
saarländischen Kommunisten gewisse Parallelen zu beobachten sind. Auch sie setzten 
auf die Instrumentalisierung der Betriebsräte und der Mitbestimmungfrage wie auch 
der Gewerkschaften.172 Die Lösung der Saarfrage sollte über eine Politisierung und 
nationale Emotionalisierung der Gewerkschaften erfolgen. Aktionseinheiten zwischen 
kommunistischen Gewerkschaftlern und anderen oppositionellen Gruppen sowie 
bisher eher unpolitischen Arbeitnehmern sollten gebildet werden. Hier waren für die 
KP-Saar insbesondere auch unzufriedene, pro-deutsche christliche Gewerkschaftler 
eine Zielgruppe. Das Sekretariat der KP-Landesleitung wies alle Funktionäre an, "mit 
ihnen zu sprechen und das während des Streiks und zahlreicher betrieblicher Aktionen 
hergestellte gute Verhältnis zu festigen, um sie in die Aktionseinheit einzubeziehen und 
ihnen eine klare Orientierung zu geben. Das gleiche gilt für die unorganisierten Kolle¬ 
169 Ebd., Nr.483, Bi.224, Vermerk vom 9.7.54. Siehe auch Flugblätter des I.V. Bergbau, in: LA SB, PVD, 
Nr.2120. 
170 LT SB, DS Abt.II, Nr. 147 vom 20.10.53, S.4. 
171 PAA Bonn, Bestd. B 17, Referat 219, Nr.90, B1.12,Vermerk II A 6-1947/56 
172 MAE Paris, Z-Europe, Sous S. Sarre, Doss.47, Bl.212-218, Régie Pr. Renard vom 28,2,49 an Busin de 
Roziers, MAE. 
37S
	        
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