kratie, da Sozialdemokraten, wie Kunkel mit Verbitterung feststellt, denen Kontakte
zum MRS nachgesagt wurden, entweder gar nicht ins Saargebiet gelangt seien oder
"mit Nazis im Schmollerbunker schmachteten".12 Nachdem Anfang April die Gruppe
um Aloys Schmitt den Wiederaufbau einer Gewerkschaft beschlossen hatte, meldete er
sich auf Grube Kohlwald beim Werksdirektor:"Ich stellte mich als gemaßregelter des
Nazi-Regimes vor und teilte ihm mit, daß wir als frühere Gewerkschaftler die Tätigkeit
des früheren Nazi-Betriebsausschusses im gewerkschaftlichen Sinne aufnehmen
würden".13 Da US-Oberst Kelly die rasche Inbetriebnahme der Saargruben anstrebte,
war eines der ersten Anliegen die Forderung nach einer Verkürzung der Arbeitszeit
von 9 auf 8 Stunden.14
Gewerkschaftskonstituierung von oben
Im Karlsbergsaal in St. Ingbert fand am 1. Juli 1945, noch bevor die Franzosen die
Amerikaner als Besatzer am 10. Juli ablösten, eine Versammlung von Gewerkschaft¬
lern mit dem Ziel statt, eine Einheitsgewerkschaft zu gründen. Zu der konstituierenden
Sitzung hatte Heinrich Wacker eingeladen. Er war aus dem Exil zurückgekommen und
vor 1935 Geschäftsführer des Werkmeisterverbandes an der Saar gewesen. Es wurde
ein Vorstand gewählt, der die Konstituierung der Einheitsgewerkschaft vorbereiten
sollte. Präsident wurde der Sozialdemokrat Heinrich Wacker. Zu seinem Stellvertreter
wurde der Schriftsetzer und Kommunist Paul Obermeier gewählt, an seine Stelle trat
einige Monate später der KP-Mann Eduard Weiter. Die Funktion des Kassierers
bekleidete der ehemalige Sekretär des Christlichen Metallarbeiter-Verbandes in Dillin¬
gen Gottfried Boullion. Als Beisitzer wurden der Kommunist Oskar Müller, bis Ende
1933 Vorsitzender des KP-orientierten Einheitsverbandes der Bergarbeiter, gewählt
sowie der aus der linkskatholischen Vitus-Heller-Bewegung kommende überzeugte
Katholik Aloys Schmitt und das KP-Mitglied Jakob Michely aus Dudweiler und
Heinrich Simon, Sozialdemokrat und Metallarbeiter aus Erbach (Kreis Homburg).
Neben dem kommunistischen Engagement an der Basis war also auch die Gründung
der Einheitsgewerkschaft in hohem Maße von Kommunisten bestimmt. Wenn auch für
die Gewerkschaftsspitze das Prinzip der Drittelparität galt, wonach in gleichem Maße
Kommunisten, die sich angesichts der Bedrohung durch Hitler der Revolutionären
Gewerkschaftsopposition (RGO) angeschlossen hatten, sowie Sozialisten, die in der
freien Gewerkschaftsbewegung engagiert waren, und christliche Gewerkschaftler
leitende Funktionen besetzen sollten.
Ernst Kunkel, Dokumente und Erinnerungen zur Geschichte der SPS 1935-1956, Dudweiler 1980,
S.55.
13
Archiv der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie Bochum (IGBE-Archiv Bochum), Div.31, Mp.2,
Erlebnisbericht Aloys Schmitt, ohne Datum.
14 Ebd.
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