2. Die Anfänge des gewerkschaftlichen Wiederaufbaus
Amerikaner fördern gewerkschaftliche Organisationskomitees
Bis zum 21. März 1945 hatte die 7.US-Armee das Gebiet des heutigen Saarlandes
besetzt. Innerhalb der Organisation der amerikanischen Militärregierung gehörte das
Saarland mit der Pfalz und Südhessen zum Detachement El A2, das wiederum aus 16
kleineren Detachements bestand. Es unterstand Oberst James R. Newman. Grundsätz¬
lich verfolgte die amerikanische Besatzungsmacht im Gebiet des Detachements El A2
zunächst eine eher uneinheitliche Gewerkschaftspolitik.5 Während z.B. das örtliche
Detachement eine Gewerkschaftsorganisation in Mainz verboten hatte, wurde sie im
Gebiet des Landkreises Kusel genehmigt. Um eine frühzeitige Zulassung im Detache¬
ment E1A2 bemühte sich der zuständige Arbeitsoffizier im Stab, der
US-Political-Adviser Louis A. Wiesner. Er setzte die frühzeitige offizielle Anerken¬
nung örtlicher Organisationskomitees zu einem Zeitpunkt durch, zu dem nahezu alle
anderen Detachements noch in dieser Frage eine Verzögerungstaktik betrieben. Am 16.
Mai 1945, acht Tage nach der offiziellen Kapitulation des "Dritten Reiches", Unter¬
zeichnete Oberst James R. Newman die Direktive, gewerkschaftliche Organisations¬
komitees anzuerkennen, und leitete sie an die 16 Detachements seines Kommando¬
bereiches weiter.6
Erste Organisationsversuche auf Betriebsebene
Im Saarland gingen erste Bestrebungen, gewerkschaftliche Organisationen wieder
aufzubauen, von Arbeitnehmern und ehemaligen Gewerkschaftlern des Bergbaus aus.
So sollen sich alte Gewerkschaftler und Bergleute der Gruben Kohlwald und Dechen
erstmals am 8. April 1945 in Wiebelskirchen trotz Versammlungsverbots getroffen
haben. Im Flur des Obergeschosses einer Gaststätte berieten sie über die Konstituie¬
rung einer provisorischen Arbeiterinteressenvertretung.7
Bevor die Mehrheit emigrierter Gewerkschaftler und Sozialdemokraten zurückgekehrt
war bzw. ins Saarland einreisen durfte, begannen bereits die Wiederaufbaubemühun¬
gen. Ein Gewerkschaftler der ersten Stunde war der aus der linkskatholischen Vi-
tus-Heller-Bewegung kommende Aloysius Schmitt, der zu einem der führenden
gewerkschaftlichen Oppositionskräfte werden sollte. Bereits am 22. April traf sich eine
mittlerweile schon gewachsene Gruppe von ehemaligen Gewerkschaftlern und Berg¬
Michael F i c h t e r, Besatzungsmacht und Gewerkschaften. Zur Entwicklung und Anwendung der US-
Gewerkschaftspolitik in Deutschland 1944-1948, Opladen 1982, S.108. Die Arbeit von Fichter enthält für
die ersten Monate des gewerkschaftlichen Wiederaufbaus an der Saar interessante Hinweise, die in den
bisherigen Arbeiten zur Gewerkschaftsgeschichte im Saarland nach 1945 noch nicht berücksichtigt werden
sind.
6 Ebd., S.109.
Interview mit Aloys Schmitt am 27.1.1994.
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