Full text: Sozialer Besitzstand und gescheiterte Sozialpartnerschaft

Landtag waren in der ersten Wahlperiode 32 Prozent der Abgeordneten ehemalige 
Emigranten, wobei die SPS den höchsten Emigrantenanteil aufwies. So wurde das 
Saarland auch als Emigrantenstaat bezeichnet und die bundesdeutsche Presse stigmati¬ 
sierte die politische Elite an der Saar als Emigrantenclique.405 
Die relativ ausführliche Analyse der Vorgänge zur Wiedergutmachungsgesetzgebung 
zeigt die deutlichen Unterschiede zwischen CVP und SPS. Dies könnte damit zu 
erklären sein, daß Hoffmann und seine Partei das Problem der Wiedergutmachung 
nicht isoliert aus ethischer Perspektive, sondern im gesamtpoliüschen Kontext betrach¬ 
teten. 
4.5.2 Saarländische Wiedergutmachung unter Dominanz der Innenpolitik 
Hoffmanns Harmonisierungskurs und seine stabilisierende Funktion 
Die Einstellung der CVP zur Wiedergutmachung ist durch eine starke Restriktion 
gegenüber Forderungen, die Entschädigungssummen zu erhöhen, gekennzeichnet. 
Jegliche Sonderstellung der Opfer des Naüonalsozialismus und damit das Herausstellen 
ihres Opfers sollte vermieden werden, entsprechend wurde die Angleichung der Renten 
an die Kriegsopfer durchgesetzt. Im Gegensatz zu Gustav Levy und zur SPS ließ sich 
die CVP in der Frage der Wiedergutmachung nicht von ethischen Gesichtspunkten 
leiten, sondern handelte, so zumindest spiegelt es die Aktenlage, aus politischem 
Kalkül. Gerade das Thema Wiedergutmachung war ein psychologisches Problem. Je 
rigoroser der politische Anspruch auf Wiedergutmachung, um so größer die Gefahr 
gesellschaftlicher Spannungen. Hoffmann wollte eine Polarisierung zwischen Opfern 
des Nationalsozialismus und denen, die im Kampf für das System als Soldat oder 
Zivilist Opfer hinnehmen mußten, vermeiden, ihm ging es darum, zu versöhnen. Mit 
einer vorrangig ethisch-moralischen Betrachtungsweise war dies nicht zu erreichen. Er 
fürchtete, eine großzügigere Versorgung könne Gräben aufreißen und eine Polarisie¬ 
rung zwischen Opfern und Tätern fördern im Saarland insbesondere zwischen Emi¬ 
granten und Nicht-Emigranten, ein Szenario, das der politischen Stabilität nicht dien¬ 
lich sein konnte. Anläßlich der Landtagswahlen 1952 versuchte die Demokratische 
Volkspartei, über eine Polarisierung zwischen Emigranten und Dagebliebenen für sich 
zu werben mit Parolen wie: "Nicht Emigranten - Nicht Separation - wählt Opposition - 
wählt Kriegsgeneration."406 
Grundsätzlich genossen nach dem Zweiten Weltkrieg die nach Deutschland zurückge¬ 
kehrten Emigranten keine gesellschaftliche Wertschätzung. Das Wort “Emigrant” war 
semantisch negativ besetzt. Breite Schichten assoziierten mit ihm Begriffe wie Feigling 
MAE Paris, EU-Europe, Sous S. Sarre, Doss.59, B1.209, Revue de Presse, Kölnische Rundschau vom 
24.1.50. 
406 Privaiarchiv Dontot (PAD), Doss.5, Flugblatt. Ein anderes lautete:" Weg mit Joho und seinen Vasallen! 
Raus mit den Emigranten aus der Regierung". 
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