Full text: Sozialer Besitzstand und gescheiterte Sozialpartnerschaft

Entschädigung genommen. Ganz im Sinne dieser Verzögerungstaktik forderte der 
CVP-Abgeordnete Habelitz, "eine weitere Beratung der noch offenen Fragen zum 
Gesetzentwurf in den beiden Ausschüssen zurückzustellen, da die CVP-Fraktion zum 
Gesetzentwurf noch nicht abschließend Stellung genommen habe".398 
Daß das Gesetz schließlich zur Verabschiedung kam, ging auf Richard Kirns Druck 
zurück: "Ich gebe im Namen der Fraktion der SPS die Erklärung ab, daß wir Gewicht 
darauf legen, daß das Gesetz über die Wiedergutmachung der den Opfern des Na¬ 
tionalsozialismus zugefügten Schäden in dieser Sitzungsperiode noch verabschiedet 
wird. Sollte sich zeigen, daß durch ein weiteres Hinausschieben das Gesetz, das dem 
Landtag bereits seit 12. Dezember 1949 vorliegt, nicht verabschiedet wird, dann wird 
die sozialdemokratische Landtagsfraktion den beiden anderen Gesetzen, dem Zweiten 
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Bereinigung von Dienst- und Beamtenverhält¬ 
nissen im Saarland vom 31. Juli 1948 und dem Gesetz über den Abschluß des politi¬ 
schen Säuberungsverfahrens, die vereinbarungsgemäß zusammen mit dem Wieder¬ 
gutmachungsgesetz im Landtag verabschiedet werden sollen, ihre Zustimmung nicht 
geben."399 
Die Wiedergutmachungsgesetzgebung vollzog sich auch in der Bundesrepublik in 
Kopplungsgeschäften, wie die Verabschiedung des Bundesentschädigungsgesetzes 
zeigt. Hier versuchte die CDU die Verabschiedung dieses Gesetzes mit einer Rück¬ 
erstattung besatzungsrechtlich angeordneter Beschlagnahmungen zu verbinden.400 
Erst Kirns Drohung führte letzlich zur Verabschiedung des Wiedergutmachungs¬ 
gesetzes am 10. Juli 1951, und am selben Tag wurde das "Gesetz über den Abschluß 
des politischen Säuberungsverfahrens", dessen Dritte Lesung eigentlich schon für den 
25. Mai vorgesehen war, verabschiedet.401 
4.5 Saarländische Wiedergutmachung im Vergleich 
4.5.1 Leistungsvergleich 
Für die Opfer des Nationalsozialismus im Saarland brachte der Beitritt zur Bundesre¬ 
publik einen Leistungsschub, denn der Kreis der Anspruchsberechtigten wuchs, und 
die Entschädigungsleistungen waren höher. Im Saarländischen Landtag stellte der 
Berichterstatter bei der Einführung des Bundesentschädigungsgesetzes fest, daß "die 
Regelung nach dem Bundesentschädigungsgesetz allgemein günstiger ist als die nach 
dem saarländischen Wiedergutmachungsgesetz."402 
398 Ebd., Niederschrift zur Sitzung vom 6.6.51, S.3. 
399 
Ebd., Niederschrift zur Sitzung vom 16.6.51. 
Zu den Einzelheiten, siehe: G o s c h 1 e r, Wiedergutmachung, S.289, 295-297. 
401 
Möhler, Entnazifizierung, S.214. 
402 LTS DS 1/60, Niederschrift zur Sitzung vom 6.2.59, S.1710. 
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