Die Suche nach Interaktionen sowie nach Konvergenzen und Divergenzen soll ein
durchgängig methodisches Prinzip der vorliegenden Arbeit sein. Sie verlangt die
Auswertung der zugänglichen Bestände deutscher und französischer Archive. Ein
methodischer Grundsatz, den Rainer Hudemann und Armin Heinen seit langem for¬
dern, um ein ausgewogenes Bild zeichnen zu können.33 Dies gilt für die französische
Politik in der gesamten Besatzungszone einschließlich des Saarlandes. Dieser Weg
dient dazu, die kollektive Erinnerung zu überprüfen und verhindert zugleich, daß sie
die wissenschaftliche Auseinandersetzung manipuliert, indem sie eine bestimmte
Richtung vorgibt.34
Quellensituation
Auch wenn sich die Zugänglichkeit der erhaltenen Akten wesentlich verbessert hat, so
bleibt hinsichtlich der Sozialpolitik und der Gewerkschaften dennoch das Problem
einer insgesamt schwierigen Quellenlage.
Dadurch, daß es während der gesamten Hoffmann-Zeit keine Dienstvorschrift über die
Abgabe historisch aussagekräftiger Akten an das Landesarchiv gegeben hat, sie wurde
erst I96035 erlassen, entstanden in den Akten staatlicher Provenienz nicht mehr ausfüll-
bare Überlieferungslücken. Die Polarisierung um das Referendum hat wesentlich zu
den AktenVerlusten beigetragen. Die Nachlässe von Politikern, die damals in vorderster
Front standen wie Ministerpräsident Johannes Hoffmann, Dr. Edgar Hector (u.a.
Innenminister 1947-1954), Dr. Emil Straus (u.a. Kultusminister 1947-1952), Richard
Kirn (Minister für Arbeit und Wohlfahrt in den Koalitionsregierungen), Dr. Heinz
Braun (u. a. Jusüzminister 1947-1952), Hubert Ney (Gründer und Vorsitzender der
CDU-Saar), Kurt Conrad (u.a. Vorsitzender der DSP) und Ernst Roth (u.a. Chefredak¬
teur der sozialdemokratischen "Volksstimme") konnten bis auf kleine Aktensplitter
weder vom Landesarchiv noch von den Archiven der Partei-Stiftungen erworben
werden. Verdruß, ja Verbitterung über persönliche Verunglimpfung oder als un¬
zureichend empfundene Anerkennung haben die Betroffenen selbst und ihre Nach¬
kommen dazu veranlaßt, die politisch interessanten und aufschlußreichen Papiere eher
zu vernichten oder zurückzuhalten als an Archive abzugeben, obwohl ja gerade solche
Quellen die Motivation des politischen Handelns erhellen könnten.
Heinen, Probleme regionaler Gegenwartsgeschichte, S.193, 198. Hudemann, Französische
Besatzungspolitik,S.243.
Beispiele dafür, daß kollektive Erinnerungen auch wissenschaftliche Arbeiten in ihrem Urteil wesentlich
beeinflussen: Theodor Eschenburg, Jahre der Besatzung 1945-1949, Stuttgart 1983. Hans-Peter
Schwarz, Vom Reich zur Bundesrepublik. Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen
Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1948, Stuttgart 21980.
Erlaß über die Aufgaben des Landesarchivs Saarbrücken vom 20,12. 60, in: Abi. 1961, S.l f.
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