Die relevanten Quellen des 14. Jh. zeichnen ein gleichermaßen disparates Bild. Mit
der Verpachtung der Grangie Rurange-l£s-Thionville 1311 - es folgten nachweis¬
lich 1330 Fürst, 1362 Neudelange und 1413 Bonnehouse - setzte die Aufgabe der
Eigenwirtschaft ein. Sicherlich spielte die Frage der Rentabilität die entscheidende
Rolle. Man wird aber mögliche personelle Notlagen mit berücksichtigen müssen,
die durch Abwanderung zu den Bettelorden und beträchtliche Bevölkerungsverluste
v.a. infolge der verheerenden Hunger- und Pestjahre zwischen 1315 und 1318 ent¬
standen. Gerade diese Katastrophenjahre, die einen steilen Anstieg der Lohnkosten
bewirkten, können in ihrer Bedeutung für Lothringen kaum überschätzt werden. So
wurde die Hungersnot des Jahres 1315 als Trauma für die Folgezeit Sprichwort"
lieh17, selbst die Chronik der böhmischen Zisterze Königsaal (Aula /?eg/a'Zbraslav)
berichtet vom Massensterben in Metz. Ihr Autor Peter von Zittau erfuhr davon
durch den aus der Grafschaft Luxemburg stammenden Mainzer Erzbischof Peter
von Aspelt18. Weiler-Bettnach verlor zudem bei der Gründung des in der Stadt
Metz gelegenen Klosters Pontifffoy mindestens sechs Mönche, die dort zum ersten
Konvent gehörten. Dies geht aus der Konfirmationsbulle Papst Johannes' XXII. für
die neue Abtei hervor19, die daraufhinweist, die Stifterin Poince de la Cour habe
auf zwei Jahre für acht Mönche in Weiler-Bettnach propter inopiam ipsius
Monasterii de Villario deren Lebensunterhalt bezahlt, weshalb ihr nun erlaubt
wurde, sechs von ihnen nach Pontifffoy zu transferieren. Dies bedeutete zwar
einerseits eine personelle Schwächung des Konvents, andererseits mag man vor
dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation in Weiler-Bettnach dies durchaus
als Erleichterung empfunden haben.
Den materiellen Niedergang beschleunigten Kriege und militärische Auseinander¬
setzungen, die immer wieder das Metzer Land überzogen und im sogenannten
Vierherrenkrieg (1324-1326/27) gipfelten. Obwohl keine Nachrichten über Zerstö¬
rungen in Weiler-Bettnach oder seinen Besitzungen vorliegen, gingen die Ereig¬
nisse nicht spurlos an der Abtei vorüber. Eine zeitgenössische Quelle spricht davon,
nach heftigen Kämpfen hätten die Verbündeten ihre Toten in Weiler-Bettnach be¬
graben20. Sicher wird man daraus ableiten können, daß die Truppen unweit der Ab¬
tei aufeinander trafen; zudem dürfte die Öffnung des Klosters für das Massenbe¬
gräbnis nicht aus freiem Willen erfolgt sein. Nicht von ungefähr erlebte die Stadt
17
HMB II, S. 505f.: "Les chroniques du pays marquent en ce temps-là une famine si extraordinaire
en Lorraine, & presque par-tout ailleurs, qu'on ne se souvenoit pas d'en avoir jamais vue de par¬
eille. Elle étoit passée en proverbe, & pour désigner une famine extrême, on la comparoit à celle de
1315."
1 ^ KÖN1GSAALER GESCHICHTSQUELLEN, S. 379: Retulit nobis dominus Petrus Maguntinus
archiepiscopus, quod infra dimidii anni tempus in civitate Metensi quinquies centum millia homi¬
num mortua sunt, nichilominus equos, oves et boves et universa pecora campi necuit pestilentia
huius anni. CALMET: Histoire, Bd. II, Sp. 448, berichtet in diesem Zusammenhang von Kanniba¬
lismus, wobei selbst Gehängte vom Galgen losgeschnitten worden seien.
19 HMB III, S. 339-341; SAUERLAND: Geschichte, S. 96f.
20 GUERRE DE METZ, S. 91. Der Verfasser berichtet, alle Kräfte der Stadt seien gegen die Feinde
gezogen, mit denen es bei einer Windmühle zum Kampf kam. Beide Seiten erlitten hohe Verluste,
doch behielt das städtische Kontingent letztlich die Oberhand.
152