Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

als "schwesterliche Begriffe" definiert5. Das nationale Pathos in der Presse war 
unüberhörbar. 
Auch in der Praxis lassen sich Beispiele für die Einheit von Religion und Nation 
aufführen, wurde das Nationalgefühl doch nicht zuletzt auch in dem Kampf gegen 
die seit 1919 von französischer Seite betriebenen Bestrebungen zur Abspaltung der 
Saarkatholiken von den deutschen Diözesen gestärkt6. Dieser Kampf7, der erst 
1923 mit der Entsendung des Prälaten Testa als päpstlichem Visitator an die Saar 
zur Beobachtung der Verhältnisse endete, festigte in der Bindung der katholischen 
Bevölkerung an Kirche und Klerus des Reiches das Zugehörigkeitgefühl zur ver¬ 
lorenen Heimat. In diesem Sinne beschwor denn auch auf einer großen Zentrums¬ 
versammlung in Alt-Saarbrücken am 26. Oktober 1924 der Vorsitzende, Pfarrer 
Dr. Schlich, die deutsche Nationalität, die der Vertrag von Versailles der Saarbe¬ 
völkerung belassen habe; seine Modalitäten seien rein wirtschaftlicher Art. Daher 
sei der Wegweiser des Zentrums "die gerade nationale Linie"8. 
In katholischen Kirchenkreisen gefiel man sich in der Rolle des Motors für einen 
problemlosen Wiederanschluß ans Reich; "Darüber ist sich das amtliche und 
saarlüsteme Frankreich klar: der katholische Pfarrklerus an der Saar ist der ent¬ 
scheidende Faktor bei der Abstimmung 1935. ... Das Volkstum nach unserer ethi¬ 
schen Auffassung die Mitgift des Schöpfers an die Völker zur Lösung ihrer Welt¬ 
aufgaben. ... Der Schutz des Volkstums ist daher ein sittlicher Faktor von hohem 
Werte und der Obhut der Kirche anvertraut als Naturgesetz."9 
Des weiteren festigte die französische Politik der Domanialschulen, die in Zen¬ 
trumskreisen als laizistisch angesehen wurde, die nationale Grundhaltung der Par¬ 
tei und vor allem der Bevölkerungskreise, die auf die französischen Grubenschulen 
angewiesen waren. Und mit Blick auf die "ungeliebten" Domanialschulen fuhr 
derselbe Pfarrer in der Saarbrücker Landeszeitung fort: "Die Früchte der Erzie¬ 
hung in diesen Schulen treten schon vielerorts sehr deutlich zutage. ... Auf alle 
Fälle sollen dort nach französischer Absicht und Ausplauderung der deutschen 
Schuljugend der Saar die deutsche Gesinnung genommen und so später die Ab¬ 
stimmung für Frankreich gerettet werden."10 
Mit solchen Argumenten wurde das Zentrum geradezu zum Vorreiter für die So¬ 
zialdemokraten und die Deutsch-Saarländische Volkspartei; dies gerade in der 
5 "Saarbrücker Volkszeitung" Nr. 64 v. 19.3.1919: "Die Liebe zur angestammten Nation" von A Wag¬ 
ner. 
6 Zur Politik Frankeichs s. S.L.Z. Nr. 84 v. 9.4.1924:" Die kath. Politik Frankreichs im Saargebiet". 
7 S.L.Z. Nr. 319 v. 22.11.1925: "Zur Frage der kirchlichen Gestaltung des Saargebietes" von Pfarrer 
Bungarten. 
8 S.L.Z. Nr. 279 v. 28,10,1924: "Große Zentrumsversammlung in Alt-Saarbrücken"; Saar-Zeitung Nr, 
242 v. 29.10.1924: "Eine bedeutsame Zentrumsversammlung". 
9 S.L.Z. Nr. 254 v. 23.9.1923: "Rückblick und Ausblick. Der kath. Klerus und die deutsche Wacht an 
der Saar. Anschauungen eines kath. Pfarrers", 
10 S.L.Z. Nr. 254 v. 23.9.1923. 
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