Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel (25)

funkgesellschaft das Schloß Haiberg in Stadtnähe, wodurch das Wackenberg- 
Projekt endgültig ad acta gelegt wurde. 
Der Reichssender Saarbrücken als Grenzlandsender reihte sich ein in die Phalanx 
der Medien, die die politischen Grundsätze und Ziele der deutschen Staatsfiihrung 
verfochten. Er betrachtete sich als "Sachwalter einer kulturpolitischen und völki¬ 
schen Tradition, die den arbeitenden und lebendigen Menschen seines Volkes"38 
angehe. Volkstum und Volkskultur mußten wesentlicher Inhalt seines Programmes 
sein, und er vermied dabei bewußt die politische Debatte mit dem französischen 
Grenzlandsender Straßburg, dem man Unsachlichkeit, Verhetzung und Vergiftung 
der Atmosphäre unterstellte39. Gleichzeitig glaubte man aber auch hier an der 
Saar positive Verständigungsarbeit zwischen Frankreich und Deutschland zu 
leisten. Zumindest stellte Dr. Raskin deutsch-französische Verständigung und die 
Brückenfunktion zwischen den Völkern in den Mittelpunkt seiner Arbeit40; dazu 
dürfte die von Raskin initiierte Geste zur Verständigung und Versöhnung mit dem 
Straßburger Sender zählen, die von Reichssendeleiter Hadamovsky insofern aufge¬ 
griffen wurde, als er zwei Redakteuren des französischen Staatssenders zum Ab¬ 
schluß der Olympischen Spiele ein Interview gab, das der Straßburger Sender aus¬ 
strahlte41. Doch allzu oft ignorierte man den eigenen, alleinseligmachenden, 
ideologisch fehlgeleiteten Standpunkt und hielt für Aufklärung, was eigentlich 
Propaganda oder Polemik oder Volksverhetzung war42. Dies machte sich beson¬ 
ders bei den Sonderprogrammen ein Jahr vor Kriegsbeginn bemerkbar, als die 
Sender Saarbrücken, Stuttgart und Frankfurt im Aufträge der Reichsrundftinkge- 
sellschaft mit entsprechenden Sendungen in französischer Sprache die nationalso¬ 
zialistischen Ideen den Nachbarn näherzubringen suchten. 
Zur Zeit der Evakuierung 1939 nahm der Saarbrücker Sender nach vorübergehen¬ 
der Zuteilung zur Sendestelle Pfalz in Mannheim beim Reichssender Frankfurt als 
"Notsender Saarbrücken" seine, das Frankfurter Programm nur zeitweilig ergän¬ 
zende Tätigkeit auf, um von hier den Kontakt mit den evakuierten Saarländern 
aufrechtzuerhalten; das kleine Rundfunkorchester musizierte derweil am Reichs¬ 
18 
S.Z. Nr. 65 v. 20.6.1936: "Rundfunk an der Grenze". Zum Bedauern in der Bevölkerung, daß die 
"Eigensendungen (des jeweiligen Rundfunksenders) bis auf einen geringen Rest verschwunden" seien u. 
der Wunsch nach heimatkundlichen Sendungen (in Saarbrücken, Stuttgart und Köln) wenigstens in den 
Vormittagsstunden" laut wurde, s. HL Boberach, Meldungen, S. 1.789. 
19 
Zu den erneuten Vorwürfen über "Verleumdungen" des Straßburger Senders 1936 vgl. K, Altmeyer u. 
H.J. Koch, Unser Sender, S. 30. 
40 A. Raskin, Reichssender Saarbrücken, S. 145f. Der Aufsatz spricht von dem Glauben an die Völkerver¬ 
ständigung, stellt aber auch die "große weltbeherrschende Antithese Bolschewismus-nationale völkische 
Selbstbesinnung (S. 146) heraus und verschweigt nicht die Absicht, "programmatisch und psycholo¬ 
gisch richtige Grenzlandpolitik" zu treiben im Sinne "fragwürdig gewordener Grundsätze der Demo¬ 
kratie" u. deutschen Volkstums. Vgl. Der Deutsche Rundfunk 1937, H. 2, S. 2. 
41 Pressemitteilungen der RRG v, 22.8.1936. BA Koblenz, Best. R 78/752. 
42 Entsprechend wurde der kulturpolitische und künstlerische Aktionsplan von Reichssendeleiter, Eugen 
Hadamovsky, in München vorgegeben: S.Z. Nr. 295 v. 28.10.1936. 
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