Reichssender5 gewandelt und sich im Westdeutschen Gemeinschaftsdienst (WGD)
zusammengeschlossen. Dieser war seit Februar 1934 beim Reichssender Frankfurt
untergebracht6, ab September 1934 dann beim Reichssender Stuttgart, der in Be¬
zug auf Empfangsqualität bereits seit dem Frühjahr 1933 für die Abstimmungs¬
propaganda ausersehen worden war. Zu diesem Zeitpunkt erhielten die Sender ihre
Anweisungen bereits aus Berlin. Gleichzeitig mit dem Übergang der Staatsgewalt
von den Ländern auf das Reich waren auch die entsprechenden Besitzanteile der
Länder an den Radioanstalten ans Reich gefallen, einschließlich der Anteile der
Reichspost. Der Westdeutsche Gemeinschaftsdienst als Zentrale des propagandisti¬
schen Rundfunkeinsatzes unterstand direkt dem Propagandaministerium, Raskin,
Leiter des WDG, erhielt seine Anweisungen letztlich also direkt von Goebbels.
Die Überlegungen bezüglich eines entsprechenden Beeinflussungsmittels durch
das Reich im Vorfeld des Saarabstimmungskampfes hatte die Preußische Regie¬
rung durchaus befürwortet7, doch dabei nicht an einen eigenen Saar-Sender ge¬
dacht. Vielmehr sollten Sendebeiträge preußischer Sender über Kaiserslautern den
Saarbewohnem vermittelt werden, was allerdings den Protest der bayerischen Kul¬
tusbürokratie hervorgerufen hatte. Aufgrund dieses Defizits hatte Goebbels den
Sonderdienst angeordnet, der nur Saarfragen zu bearbeiten hatte und sich nur an
die Saarbewohner wenden sollte. Dieser Saar-Sonderdienst lag außerhalb der
Kompetenzen der einzelnen Sender und war angeblich dem Gauleiter völlig unter¬
stellt. Bei der Eröffnung des Reichssenders Saarbrücken am 4. Dezember 1935
nannte Goebbels den Rundfunk "ein Volksinstitut, dessen Hörer sich zudem aus
allen Kreisen des Volkes zu jeder Zeit und für jede auch noch so kleine Sendung
zusammensetzten"8, und mit dieser Einstellung hatte auch die reichsdeutsche Agi¬
tation um die Rückkehr der Saar 1934 dieses noch sehr junge Medium ganz in ihre
Dienste eingespannt.
Ab März 1934 waren mittags und abends entsprechend gefärbte Saamachrichten
gesendet worden, jeden Mittwoch abend wurde eine Sendung unter dem Titel,
"Unsere Saar - den Weg frei zur Verständigung", ausgestrahlt (50 Mal insgesamt).
Währenddessen hatte sich die Status quo-Opposition des Straßburger Senders
5 Für das Saargebiet galt in den Anfängen des Rundfunks (erste Rundfunksendungen in Deutschland mit
der Radio-Stunde in Berlin am 24.10.1923) zum einen das generelle Funkverbot in den rheinischen Be¬
satzungszonen, zum anderen die Unmöglichkeit zur Gründung einer eigenen Rundfunkprogrammgesell¬
schaft aufgrund des politischen Sonderstatuts, Gemäß Erlaß der Reko v. 6.12.1923 wurde die Einrich¬
tung und der Betrieb von Funksprechanlagen im Saargebiet jedoch erlaubt. Vgl. K. Altmeyer, 25 Jahre
saarländischer Rundfunk. Ebenso: K. Altmeyer u. H.J. Koch, Unser Sender, S. 12-21 (für die Zeit von
1923-1934) u. S. 22-33 (1935-1939) u. S. 34-39 (1939-1945).
6 Für die Saarkampfstelle in Frankfurt schrieb Raskins Mitarbeiter, Willi Schäferdiek, das Hörspiel,
"Jakob Johannes" (siehe VI. Kap. 4, beim RAD die Namensgebung für ein AD-Lager in St. Wendel).
7 A Diller, Rundfunkpolitik, S. 232.
8 S.Z. Nr. 330 v. 5.12.1935; vgl. S.Z. Nr. 60 v. 1.3.1936.
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