4. Analyse der Volksabstimmung auf der Grundlage von Korrelationen
mit verschiedenen Faktoren des Umfeldes
Das Ergebnis der Volksabstimmung, also das Scheitern der Status quo-Bewegung,
die völlige Niederlage der frankophilen Gruppierungen bzw. die enorme Anzahl
der Deutschlandstimmen soziologisch zu untersuchen, d.h. eine Zuordnung von
Wahlentscheidungen für verschiedene soziale Gruppen herbei Zufuhren, bereitet
nicht geringe Schwierigkeiten, Zum einen fehlt oftmals das entsprechende Zah¬
lenmaterial, zum anderen sind die vorhandenen Werte nicht immer ohne Ein¬
schränkungen miteinander vergleichbar. Der Masse der statistischen Angaben lie¬
gen naturgemäß oftmals unterschiedliche Grundwerte zugrunde; Verschiebungen
aufgrund zeitlicher, rechtlicher oder politischer Faktoren müssen in Kauf genom¬
men werden und sollen mit entsprechender Vorsicht gewertet werden. Da sozio-
demographische Angaben, wie Einstellungen und Überzeugungen des einzelnen
(sein Wahlverhalten), für diese Zeit nicht existieren, lassen die Ergebnisse über die
Zusammenhänge zwischen politischen und sozialstatistischen Merkmalen, die auf
der Ebene einer Gebietseinheit (Saargebiet) festgestellt werden, keine eindeutigen
Rückschlüsse auf die Individualebene zu. Um Korrelationen zwischen einzelnen
Teilgebieten (Stadt/Land, Kreise) zu ermitteln bzw. eine Fehlinterpretation des
"Korrelationskoeffizienten" zu vermeiden, verwendet der Autor, die ihm aus seiner
schulischen Tätigkeit aus psychologischen und pädagogischen Tests bekannte
Methode der Zuordnung durch "Rangplätze" an1. Weitgehend sichere Aussagen
über das Wählerverhalten in bestimmten Gebieten (nicht des Individuums also)
werden erreicht durch die Überprüfung des gesamten Saarraumes bzw. aller Teil¬
gebiete (also keine "willkürliche Selektion"); da jeweils nur ein Merkmal unter¬
sucht wird, darf die gewonnene Erkenntnis nicht verallgemeinert werden ("Alle
Arbeitslosen haben so gestimmt"), sondern sie muß unter Berücksichtigung aller
Teilergebnisse gewertet werden. Dies ermöglichen der Vergleich der "Rangplätze"
in verschiedenen Auswertungen sowie die beiden Tabellen (Nr. 10 und 11) im An¬
hang über die Korrelation des Abstimmungsergebnisses in 18 bzw. 28 Stimmbe¬
zirken2. Trotz gewisser Fehlerquellen soll auf eine globale Auswertung nicht ver¬
zichtet werden, um so zu "Trends", Zuordnungen, Vergleichen und diesbezügli¬
chen Aussagen zu gelangen; nicht zuletzt auch, um aus heutiger Sicht möglichst
viele relevante Daten in einer Synopse zu erfassen bzw. um die Entscheidungsbe¬
dingungen verschiedener Wählergruppierungen aufzuzeigen.
Auf die vielseitigen und intensiven Wahlbeeinflussungen wurde bereits hingewie¬
sen. Vergleiche mit vorhergehenden Wahlen können sicherlich Tendenzen aufzei¬
1 Die "Rangplätze" richten sich nach den absoluten Zahlen bzw. den Prozentauszählungen, stellen also ei¬
ne vereinfachte Form der von J. Falter, Wahlen, S. 148 verwendeten Prozentauszählungen dar. Eine
"Umrechnung" auf die von ihm für das Reich ermittelten Werte erscheint mir schon allein aufgrund der
Divergenz der Vergleichszahlen auf Reichs- bzw. Saarebene nicht angebracht.
2 Vgl. J. Falter u.a., Wahlen, S. 153-160. J. Falter, Hitlers Wähler, S. 154-193 (regionale Ausbreitung,
Ortsgröße und Nationalsozialismus, Konfession und NSDAP-Wahl), S. 242-248 (Beamte), S. 292-314
(Arbeitslosigkeit), S. 348-363 (Einfluß von Milieu une Tradition).
56