Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

Ähnlich erging es der S.Z., als deren Chefredakteur A. Nagel nach fünfjähriger 
Amtszeit beurlaubt worden war; unter dem neuen Chefredakteur, A. Hellbrück (bis 
1935), machte die Zeitung Front gegen die sozialdemokratische "Volksstimme", 
blieb aber trotzdem von Angriffen der NS-Seite nicht verschont, bis sie allmählich 
unter Druck auf den Aufsichtsrat immer mehr die Interessen des Reiches vertrat. 
Seit Frühjahr 1934 liefen alle Saarzeitungen, ausgenommen diejenigen der Oppo¬ 
sition, im Fahrwasser der Deutschen Front, angeführt von ihrem eigenen Sprach- 
organ, der "Deutsche(n) Front"; das gleiche galt ab Anfang Februar 1934 für den 
"(Der) Rufer im Warndt" und ab August 1934 für den "(Der) Wächter im Gau", 
herausgegeben vom ehemaligen Gauinspekteur der NSDAP-Saar, Edmund Spei¬ 
cher. Zu einem nationalsozialistischen Hetzorgan war auch das "Saarbrücker 
Abendblatt" geworden, nachdem Theo Schlemmer im August 1933 Chefredakteur 
geworden war. Der Haftbefehl der Reko im August 1934 gegen Schlemmer und 
dessen freiwilliger Verbleib im Reich dürften gemäß der Pressepolitik des Reiches 
für die Saar seit 1934 durchaus im Sinne Bürckels gelegen haben, allzu große 
"Scharfmacher" vorerst aus der Schußlinie zu holen. Gegenüber der straffen Len¬ 
kung der Presse im Reich erfolgten an der Saar aufgrund taktischer 
"Rücksichtnahme" lediglich Anweisungen oder Ersuchen um Veröffentlichungen. 
Daß dieses Prinzip nicht unterlaufen wurde, dafür garantierte die "Deutsche Front" 
in Verbindung mit Bürckel sowie dessen Kontakte zu Frau von Rödern (s.o.). 
Eine "wirtschaftliche" Gleichschaltung bzw. Unterwanderung oppositioneller Zeit¬ 
schriften größeren Stils scheint erst Ende 1934 versucht worden zu sein. So gerie¬ 
ten am 12. November 1934 die Anteile der oppositionellen Zeitschrift "Westland", 
1933 von dem aus Düsseldorf emigrierten Siegfried Thalheimer gegründet, in 
deutsche Hand; dies geschah über einen Mittelsmann, der sich als Vertreter des 
Status quo ausgab. Vom Kauf wußte die Redaktion selbst nichts und hätte bis kurz 
vor der Abstimmung wohl auch nichts davon erfahren, wenn nicht einer der Kauf¬ 
akteure über die Transaktion zugunsten der Deutschen Front gesprochen hätte15. 
Herausgegeben wurde als Nachfolger nunmehr das Blatt "Grenzland", von dem 
Karl Bartz feststellte, daß es für eine Sache (Status quo) schrieb, von der es inner¬ 
lich nicht mehr überzeugt gewesen sei16. 
Ein ähnlicher Versuch, über den gleichen Mittelsmann am 15. November die 
"Neue Saar-Post" zu übernehmen, scheiterte allerdings17. Ziel der Geheimnistuerei 
war es, kurz vor der Abstimmung die Transaktionen als ein Umfallen der opposi¬ 
tionellen Presse darzustellen. Auch der Versuch des ehemaligen Leiters der Pres¬ 
seabteilung der NSDAP-Saar, König, "als Parlamentär Hitlers und Bürckels" Max 
15 "Westland" Nr. 47 v. 1.12,1934. 
16 Zum Kauf der "Westland-Anteile" s. die Aufzeichnungen Strohms v. 11.12.1935, bes. die Fotokopie der 
Nr. 1 der oppositionellen Zeitschrift, "Das Reich", v. 24.11.1934. AA~.betr. Presse, Bd. 10. Nach dem 
Besitzwechsel vertrat die Zeitschrift, jetzt als "Grenzland", konsequent die deutsche Seite. K. Bartz, 
Weltgeschichte, S. 155. 
17 Vgl. das Angebot von 1/2 Mill. an Eberhard Schopen zum Kauf der Zeitung: K. Bartz, Weltgeschichte, 
S. 155. 
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