Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

Geradezu von lebenswichtiger Bedeutung wurde der Kanal für den Absatz der ei¬ 
senschaffenden Industrie nach Deutschland angesehen, sei doch die Saarindustrie 
gezwungen, sich den innerdeutschen Markt, besonders den süddeutschen Wirt¬ 
schaftsraum11, neu zu erschließen. 1933 gingen von der Saar schließlich 12.000 t 
(14,2 Proz. der Produktion) Roh- und Gußeisen und 371.000 t (31,1 Proz. der Pro¬ 
duktion) Walzwerkerzeugnisse nach Frankreich, und die galt es zumindest zum 
Teil nun nach Süddeutschland zu transportieren. Die Unterbringung dieser Er¬ 
zeugnisse auf dem süddeutschen Markt, so argumentierte die Handelskammer, 
würde insofern nicht ausschließlich zu Lasten der übrigen Eisenindustrie in 
Deutschland gehen, als nach den bisherigen internationalen Eisen-Kartell-Verein- 
barungen Deutschland verpflichtet sei, eine französische Einfuhr in Höhe von etwa 
drei Fünftel des saarländischen Eisenabsatzes nach Frankreich zuzulassen. 
Des weiteren stellte die Handelskammer die fehlenden Investitionen der französi¬ 
schen Grubenverwaltung im letzten Jahrzehnt heraus, so daß sich hieraus eine 
notwendige produktive Arbeitsbeschaffung in großem Ausmaße ergebe; das glei¬ 
che gelte hinsichtlich der bisherigen Sparpolitik der Reko. Da jedoch diese beiden 
Komponenten kaum als allzu wirksam für die Senkung der Arbeitslosenzahlen an¬ 
gesehen wurden, sprach dies wiederum für den Bau des Saar-Pfalz-Kanals. Doch 
trotz der unbestreitbar wirtschaftlichen und politischen Vorteile scheiterte das 
Projekt aus Kostengründen, zumal allein bei der geplanten Linienführung durch 
das Tal bei St. Ingbert drei Hebewerke vonnöten gewesen wären. 
In diesem Zusammenhang wurde von der Handelskammer auch das bereits mit 
dem Generalinspekteur für das Straßenbauwesen, Dr. Todt, besprochene Projekt 
einer Autobahn durch die Pfalz in Richtung Saargebiet herausgestellt. Die schwä¬ 
chere Begeisterung für dieses Projekt kann wohl darauf zurückgeführt werden, daß 
der Kanal-Bau zu diesem Zeitpunkt und vor allem durch saarländische Industrielle 
favorisiert wurde. Die Ausführung des Autobahnbaus Richtung Westgrenze schei¬ 
terte letztlich an der Tatsache, daß von Hitler allgemein als Eigenleistung hinge¬ 
stellt wurde, was bereits in der Weimarer Republik in Sachen Autobahnbau unter¬ 
nommen worden war; und auf unterer Ebene träumte man gerne mit, was derzeit 
aus vielerlei Gründen nicht durchführbar war. Die Inangriffnahme des Projekts 
verzögerte sich, da die notwendigen Geldmittel fehlten und nicht zuletzt langwie¬ 
rige Grunderwerbsverhandlungen und Umlegungen in einem Raum anstanden, in 
dem Bayern, Preußen und das Reich Zuständigkeiten anmelden konnten; und der 
Reichskommissar, der erst zum 1. September 1940 zur Oberen Umlegungsbehörde 
bestimmt wurde, hatte vorher sicherlich keine Eile. Im Frühjahr 1937 meldete 
Bürckel noch an das Reichs- und Preußische Ministerium für Ernährung und 
Landwirtschaft, daß in Sachen Autobahnbau vermessungstechnisch noch nichts 
unternommen wurde; im Herbst 1940 konstatierte das Flurbereinigungsamt 
Neustadt den Beginn von Umlegungen im Landkreis Kaiserslautern/Kusel, und im 
11 NSZ-Rheinfront Nr. 58 v. 9.3.1935: "Wohin mit den Saarerzeugnissen. Die überragende Bedeutung 
Süddeutschlands als Hauptabnehmer der saarl. Erzeugnisse". Zu Blomberg vgl. S.Z. Nr. 294 v. 
19.12.1988. 
474
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.