rung bewogen hatten und die ebenfalls einen Antrag auf Anerkennung als politi¬
sche Flüchtlinge gestellt hatten6.
Im Elsaß wurden gerade bei Wirtschaftsflüchtlingen aus dem Saargebiet eine auf¬
kommende Konkurrenz befürchtet und, obwohl von der Chambre de Commerce
franco-sarroise in Saarbrücken empfohlen, trotzdem die Anträge vom Chambre de
Commerce in Straßburg verworfen7. In der einheimischen Bevölkerung wurde das
"Faulenzen" der Flüchtlinge als Provokation der Arbeiterbevölkerung empfunden;
und sollte dieser Umstand noch länger andauem, so forderte man, diese Hilfe nicht
in Straßburg zu gewähren8. Trotzdem erlaubte die Französische Regierung ver¬
schiedenen Familien, die Verwandte in Elsaß/Lothringen hatten, sich dort nieder¬
zulassen9, und bis Anfang 1938 erfuhren gerade die réfugiés sarrois bezüglich des
Verzugs von einem Département ins andere eine Freistellung von besonderen
Formalitäten10. Vom Sammellager Straßburg aus gelangten die Saarflüchtlinge in
die Unterbringungslager der Départements Haute-Garonne, Tam-et-Garonne,
Ariège, Aude, Hautes-Pyrénées, Gers, Tarn, Gironde, Lot-et-Garonne, Lot, Loire
Inférieure, Vendée und Ille-et-Vilaine11.
Von Interesse wäre auch die Anzahl der saarländischen Emigranten zwischen
dem 30. Januar 1933 und dem 13. Januar 1935. Dazu können nur die entsprechen¬
den Listen von Flüchtlingen aus Deutschland, wie sie in einzelnen Départements
zusammengestellt wurden, herhalten: 803 Réfugiés, venant d'Allemagne en rési¬
dence à Strasbourg, ließen sich von April bis Juli 1933 z.B. im Département Bas-
6 Mit der Einholung von Strafregisterauszügen über Emigranten an der Saar bei reichsdeutschen Behör¬
den versuchte OB Neikes (Sbr.) der Reko nachzuweisen, daß es sich bei bestimmten Flüchtlingen gar
nicht um pol. Flüchtlinge handele, sondern uml kriminelle Personen: Sehr, des OB an Watermann v.
28.5.1934. StadtA Saarbrücken, Best. Großstadt, Nr. 2.946. Sehr. d. Préfecture du Haut-Rhin an den
Min. de l'Int. vom Dezember 1934 zu einem Flüchtling aus Heusweiler. Arch. du Bas-Rhin in Stra߬
burg, AL 98, 407.
7
Sehr. d. Min. du Commerce et de l'Industrie an die Direction des Affaires Commerciales et Industrielles
v. 21.6.1933 über das Gesuch von Eug. Stiel, Fabrikant zur Herstellung von Damenmänteln,
zusammen mit dem Deutsch-Flüchtling, Isaac Hecht, in Straßburg eine ebensolche Fabrik
aufzumachen. Ebd., Versement D 460, paquet 3, Nr. 18a.
8 Ebd. Versement D 460, paquet 6, Nr. 42.
o
Schriftverkehr zwischen dem Min. de l'Intérieur u. dem Préfet du Bas-Rhin v. 13.2.1936 (Liste von 21
israelitischen Familien von der Saar). Ebd. Nr. 42.
10
Sehr, von Max Braun als Präsident der Vereinigung der Saaremigranten v. 3.1.1938. Ebd. Nr. 42. Aus¬
genommen vom Zuzug waren 5 Départements. Zur Sonderbehandlung von Saarflüchtlingen in Frank¬
reich erklärte der Innenminister im März 1935: Seuls les émigrés de la Sarre s'étant déclarés indigents et
ayant sollicité à ce titre le secours de l'administration, sont astreints à séjourner dans les lieux
d’hébergement qui leur ont été assignés. Les émigrés sarrois non indigents relèvent de la réglementation
générale applicable à tous les étrangers. Ebd. Nr. 42. Die Zurückweisungslisten des Centre d’accueil in
Straßburg v. 22.1.1935 enthalten keine Saarländer, ebd. AL 98, 688/3.
11 O 1
Sehr, des Min. de Tint, an die Präfekten dieser Départements v. 7.8.1935. Ebd. Nr. 42.
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