Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

Bürckels Ziel bestand darin, Saarland, Pfalz und Lothringen zu einem Reichsgau 
mit einheitlicher Verwaltungsstruktur unter der offiziellen Bezeichnung 
"Westmark" auszubauen7; die Voraussetzungen dazu waren durchaus gegeben. 
Das System der Zivilverwaltung erfolgte nach dem Prinzip der Nicht-offiziellen- 
Annektion, was jedoch faktisch so gehandhabt wurde, als sei das Gebiet völker¬ 
rechtlich bereits annektiert; gleichsam als "persönliches Lehen" aus der Hand Hit¬ 
lers empfingen die jeweiligen Gauleiter des angrenzenden Gaus das entsprechende 
Territorium8. Dieses war dem Chef der Zivilverwaltung gemäß dem "Erlaß des 
Führers" vom 2. August 1940 unmittelbar unterstellt, die Befugnisse der Wehr¬ 
macht beschränkten sich auf die Ausübung der militärischen Hoheitsrechte. Der 
Erlaß sanktionierte lediglich das, was bereits Praxis war, nämlich die Übertragung 
der gesamten Verwaltung im zivilen Bereich. Es lag durchaus im Sinne Bürckels, 
das erworbene Gebiet schnellstens seinem Herrschaftsbereich einzugliedern, si¬ 
cherlich in der Hoffnung auf eine baldige Annexion. Obwohl diese ausblieb, 
brachte die unmittelbare Unterstellung des CdZ unter Hitler doch einen enormen 
Machtzuwachs (Ausnahmeregelungen bestanden nur für Aufgaben der Reichspost, 
der Reichsbahn und der Wasserstraßenverwaltung), den es bei einer künftigen 
Reichsreform auf das bisherige Gau- und Verwaltungsgebiet auszudehnen galt. 
Daß vor dieser rechtlich-administrativen Verschmelzung zumindest die Marsch¬ 
route festgelegt war, belegt die von Hitler anvisierte rasche Eindeutschung des 
Gebiets bzw. das direkte Unterstellungsverhältnis. Vollzugsmeldung erwartete 
Hitler gemäß seiner Forderung an Bürckel und Wagner vom 25. September 1940 
"im Laufe von zehn Jahren"9. Die formale Immediatstellung gemäß dem Zweiten 
Erlaß des Führers über die vorläufige Verwaltung in Lothringen" vom 18. Oktober 
194010 wurde durch eine am gleichen Tage herausgegebene Anordnung Hitlers in¬ 
sofern durchbrochen, als auch Reichsmarschall Göring im Rahmen der ihm als 
Beauftragten für den Vieijahresplan obliegenden Aufgaben den Chefs der Zivil¬ 
verwaltung Weisungen erteilen konnte11, - dies sicherlich im Interesse der wirt¬ 
schaftlichen Ausbeutung für Rüstung und Kriegsproduktion. Schon mit den ersten 
Maßnahmen leitete Bürckel die wirtschaftliche Verschränkung seiner beiden Herr¬ 
tab 1942 Gau "Moselland"); Kärnten und Kram dem Gauleiter Kärntens, Franz Kutschera (ein Jahr 
später an Friedrich Rainer); die Untersteiermark dem steierischen Gauleiter Siegfried Uiberreither. 
7 Von einer Kultureinheit Saarland, Pfalz, Elsaß-Lothringen spricht Dr. Sante, Schriftführer der Saar-For¬ 
schungsgemeinschaft (SFG), in seinem Bericht v. 9.3.1935. Hess. HStA Wiesbaden, Abt. 1.150, Nr. 94. 
Zur Eindeutschung Lothringens und zur Einheit der Westmark s. die Rede Bürckels auf einer Kundge¬ 
bung der "Deutschen Volksgemeinschaft" in Metz am 21.9.1940, in: H. Volz, Der Kampf, S. 530-555; 
s. auch S. 487-501. 
8 L. Kettenacker, Die Chefs der Zivilverwaltung im Zweiten Weltkrieg, in: D. Rebentisch, Karl Teppe 
(Hrsg:), Verwaltung contra Menschenführung, S. 399f. D. Rebentisch, Führerstaat, S. 305f. 
9 "Zehn Jahre" bedeutete auch die mittelfristige Zukunflsplanung Hitlers für die Sicherung der NS-Revo- 
lution, für die Reichsreform, für die Reichsgaueinteilung oder die Eindeutschung der Ostgebiete. Ebd. S. 
191 mit Anm.107. 
111 L. Kettenacker, Die Chefs, S. 407. 
11 Ebd. S. 409. 
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