NSDAP) einerseits und Keppler (mit Göring und der Vieijahresplan-Organisation)
andererseits gegenüberstanden, - ein Streit, der trotz Bürckels Unterstellung unter
Göring am 23. Mai die Grenzen von Görings Einfluß auf die Partei in Österreich
aufzeigte und ihm eine klare Niederlage einbrachte33. Die gewonnene Machtfülle
erlaubte es Bürckel dann, zusammen mit dem im Juli 1938 vorgelegten Entwurf
eines "Ostmarkgesetzes" auch ein sogenanntes "Saarpfalzgesetz" in Angriff zu
nehmen.
Die Einverleibung Österreichs ins Deutsche Reich vollzog sich zwar auf der Ebene
von Verwaltungseinheiten, die sich nach Hitlers Wunsch an den früheren Bundes¬
ländern (mit Rücksicht auf den "Länderpatriotismus der österreichischen Provinz")
orientierten; doch bestimmte Einzelaktionen bauten bereits planerisch auf vier
"Großgauen" im Sinne einer künftigen nationalsozialistischen "Reichsverfassung"
auf. Solche Überlegungen fanden die breiteste Unterstützung im Machtgefüge des
Altreichs, so bei Fricks Ministerium mit seiner zentralistisch denkenden Bürokra¬
tie, bei Görings Vieijahresplanbehörde, bei vielen Reichsreformem in der Mün¬
chener Parteizentrale um Heß und Bormann und auch beim "Reichskommissar für
die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich", Bürckel; Grund¬
züge dieser Vorstellungen ließen sich auch auf die Pfalz und die Saar übertragen.
Bürckels Vorstellungen gipfelten in einer "Reichsgauverfassung" gemäß dem
Großhamburggesetz34, so daß grundsätzlich die Verwaltung in den Händen eines
Reichsstatthalters lag, der gleichzeitig auch die Gauleiterposition innehatte. Um
sein Ziel der bayerischen Regierung schmackhafter zu machen, schlug er vor, Vor¬
arlberg gegen die bayerische Pfalz zu tauschen. Sowohl dieser Plan als auch die
Überlegung zur direkten Unterstellung der Reichsstatthalter unter Hitler scheiter¬
ten am Einspruch des Reichsinnenministeriums, das die administrative Verantwor¬
tung des Reichsgaues im Selbstverwaltungsbereich nach preußischem Vorbild ver¬
größert sehen wollte. Auf Anweisung Hitlers wurden die Entwürfe zurückgereicht
und erst nach Besprechungen am 10. September in Nürnberg und am 30. Septem¬
ber in Berlin sowie einer kurzen Unterbrechung während der Sudetenkrise im No¬
vember zusammen mit einem "Sudetengaugesetz" weitergeführt.
Die Bestimmungen des Saarpfalzgesetzes deckten sich naturgemäß in weitem Um¬
fange nach Inhalt und Wortlaut mit denen des Ostmarkgesetzes; auch das Sude¬
tengaugesetz paßte sich beiden Gesetzen in gleicher Weise an. Der grundsätzliche
Streitpunkt war auf allen Besprechungen die Ausgestaltung der Stellung des
Reichsstatthalters35. Der Entwurf des "Gesetz(es) über den Aufbau der Verwaltung
im Reichsgau Saarpfalz (Saarpfalzgesetz)"36 erschien Bürckel als klare Chance,
33 Ebd. S. 203ff. A. Kube, Hermann Göring, S. 256.
34 RGBl. 19371, S. 91.
35 Sehr. d. RMdl v. 5.12.1938. BA Koblenz, Best. R 18, Nr. 391, Bl. 9f.
36 Ebd. Nr. 5.411, S. 347-361, Bl. 347-361, abgedr. b. H.-W. Herrmann, Mitteilungen, S. 358-361; aus-
filhrl, Beschreibung S. 345-350. Der 2. Entwurf Bürckels zu einem Saarpfalzgesetz nach massiven
Einsprüchen Sieberts, im Sehr. Bürckels v. 25.10.1938 an Siebert. BHStA München, Best. 105.291.
Ebenda die Aussprache v. 15.11.1938 in Berlin mit der Zusage zur Beteiligung der bayer. Landesregie¬
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