Einrichtung von Sondergerichten durch vorläufige Regelungen den Ereignissen
vorausgeeilt.
Auffallend ist eine Reihe von Bestimmungen, die den Kapitalmarkt betreffen und
die gerade für Schuldner, nicht zuletzt sozial schwächere Bevölkerungsschichte,
finanzielle Erleichterung gebracht hätten. Es bleibt zwar für das einzelne Gesetz
bzw. die Verordnung abzuklären, inwieweit die Reichsregierung verpflichtet gewe¬
sen wäre, für Schulden aus der 15jährigen Unterstellung des Saargebietes unter
den Völkerbund Unterstützung zu gewähren, doch kommt man nicht umhin, in der
Verweigerung von Vergünstigungen, wie sie im übrigen Reich gewährt wurden,
zumindest eine Benachteiligung oder eine Wettbewerbsverzerrung zu sehen, vor
allem unter Berücksichtigung der Versprechungen vor der Abstimmung; es sei
denn, man sieht in dieser Regelung eine De facto-Anerkennung der Besserstellung
der saarländischen Bevölkerung aus der 15jährigen Verwaltung, die jedoch nach
außen hin propagandistisch genau umgekehrt dargelegt worden war.
Als Beispiele mögen dazu dienen
♦ die Vorschriften über Zinssenkung auf dem Kapitalmarkt32, wo es um Zins¬
senkung bei Anleihen (Schuldverschreibungen des Reiches, der Länder, der
Gemeinden, Pfandbriefe, Obligationen, Aktien usw.) geht,
♦ die Verordnung des Reichspräsidenten über die Zinserleichterung für den
landwirtschaftlichen Realkredit33,
♦ das Gesetz über die Zinserleichterung für den landwirtschaftlichen Auslands¬
kredit34,
♦ die besonderen Vorschriften über die Hypothekenfälligkeiten35,
♦ das Gesetz zur Regelung landwirtschaftlicher Schuldverhältnisse36 oder das
Roggenschuldengesetz37.
Zinssenkungen von zwei und mehr Prozent für Kredite oder das Entschuldungsan¬
gebot für die Inhaber landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher oder gärtnerischer
Betriebe waren den Saarländern vorerst verwehrt.
32 RGBl. 1931 I, S. 700, 1. Teil, Kap. III. 1.
33 RGBl. 1932 I, S. 480 u. 1934 I, S. 860.
34 RGBl. 1933 I, S. 524.
35 RGBl. 19341, S. 1.255,
36 RGBl, 1933 I, S. 331.
37 RGBl. 1934 I, S. 391. Siehe auch RGBl, 1935 I, S. 1.204, bes. § 4, Ziff. 7-20. Zur Ausklammerung
des Saarlandes von bestimmten reichsrechtlichen Vorschriften (Vergünstigungen) s. das Schreiben des
RMdJ an verschiedene Reichsministerien u. an Bürckel v. 1.8.1935. BA Koblenz, Best. R 2, Nr.
12.236, Bl. 262ff. Aus dem Sehr. d. RMdJ v. 1.8.1935 betr. Einführung reichsrechtlicher Vorschriften
geht besonders die verhältnismäßig gute Finanz- und Wirtschaftslage des Saarlandes hervor. LA Saar¬
brücken, Best, Generalakten, betr. Rückgliederung, Nr. 124, Bl. 129-131.
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