Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel (25)

Drittes Kapitel 
DIE VORSTELLUNGEN UND PLANUNGEN DER NS-MACHTHABER ZUR 
SCHAFFUNG DER NEUEN VERWALTUNGSEINHEIT AN DER SAAR SOWIE 
DEREN TEILWEISE VERWIRKLICHUNG 
1. Die Abrede zwischen der Deutschen Regierung und der Regierungs- 
kommission des Saargebietes über die Überleitung der Verwaltung 
Bereits zu Beginn der Verhandlungen von Basel waren die Reko des Saargebietes, 
die Französische und die Deutsche Regierung übereingekommen, die Übernahme 
der einzelnen Verwaltungszweige in gesonderten Verhandlungen zwischen dem 
Reich und der Reko zu regeln. Die Reichsregierung schlug daraufhin als Verhand¬ 
lungsbeginn den 5. Februar vor, wobei die eigentlichen Übergabeverhandlungen 
Mitte Februar unter der Führung Bürckels bzw. eines Vertreters stattfinden sollten. 
Mit dieser Regelung erklärte sich auch Knox einverstanden. 
Am 2. Februar gab VLR Voigt vom Auswärtigen Amt an die Reko die Bestellung 
von Regierungspräsident Dr. Konrad Saassen in Trier sowie von Oberregierungs¬ 
rat Binder in Waldmohr zu Beauftragten für die Einleitung allgemeiner Übemah- 
meverhandlungen bekannt; nach einer Anweisung Fricks vom 25. Januar 1935 war 
Bürckel in allen Saarangelegenheiten zu beteiligen1. Es muß allerdings festgestellt 
werden, daß Bürckel sicherlich bei verschiedenen Besprechungen zwischen Mitte 
Dezember 1934 und Anfang Januar 1935 mit Hitler oder anderen Reichsvertretem 
eigene Positionen durchzusetzen vermochte, doch bei den offiziellen Verhandlun¬ 
gen und Beratungen nicht beteiligt wurde. Zu den verwaltungsorganisatorischen 
Fragen ebenfalls nicht gehört wurde der Oberpräsident der Rheinprovinz, Freiherr 
Hermann von Lüninck bzw. seine Dienststelle, die doch über lange Jahre hindurch 
in der Funktion des "Reichskommissars für die Übergabe des Saargebietes" eine 
Menge Erfahrung bzw. konkrete Informationen gesammelt hatte. Der Grund dürfte 
in Bürckels Zielsetzung einer Zusammenlegung des Saarlandes und der Pfalz im 
Zuge der angestrebten Reichsreform2 gelegen haben, aber auch in von Lünincks 
reservierter Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus. An den Feierlichkeiten 
zum 1. März 1935 an der Saar nahm er nicht teil, und Anfang März wurde er denn 
auch mit der Beendigung der Tätigkeit als Reichskommissar für die Übergabe des 
Saargebietes von seinem Amt als Oberpräsident abberufen3. Sein Nachfolger 
1 Verbalnote des AA, Voigt, an die Reko des Saargebietes v. 2.2.1935. AA..betr. Die Rückgliederung 
des Saargebietes 1935 und BA Koblenz, Best R 2, Nr. 12.236, Bl. 75. Bürckels Beteiligung. BA 
Koblenz, Best. R 18, Nr. 5.914. 
2 
Siehe dazu die Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Situation aufgrund des "Ermächtigungs¬ 
gesetzes" im IV. Kap. 1.3. 
Hermann von Lüninck war ebenso wie sein in Westfalen (Münster) zum Oberpräsidenten ernannter äl¬ 
terer Bruder Ferdinand in den frühen zwanziger Jahren aus dem Staatsdienst ausgeschieden; beide 
gehörten als Wortführer zur nationalen Opposition im Rheinland und zur "Grünen Front". Als Zuge¬ 
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