Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

Stellungen hatte62. Einfluß auf die Verteilung der Gelder nahm auch der Saar- 
kommissar der NSDAP, Josef Bürckel, der gerade bei den finanziellen Zuwendun¬ 
gen an die Saarparteien alle außer der NSDAP als national unzuverlässig be¬ 
schuldigte. Vollen Zugriff auf den Einsatz der Mittel des Propaganda- und Reich¬ 
sinnenministeriums erhielt Bürckel erst nach seiner Ernennung zum Saarbe¬ 
vollmächtigten der Reichsregierung, als der Saarpropagandaausschuß aufgelöst 
und durch ein entsprechendes Gremium im Reichsinnenministerium ersetzt wor¬ 
den war. 
Nach dem Motto, "Der Zweck heiligt die Mittel", fanden Gelder Verwendung in 
kleinsten Teilbereichen, z.B. bei Lehrgängen des NSKK-Verkehrs-Erziehungs¬ 
dienstes63 oder in Bereichen außerhalb des Saargebietes, wenn es nur der Rück¬ 
gliederungspropaganda nutzte, wie etwa nach einer Initiative Bürckels bei Arbeits¬ 
beschaffungsmaßnahmen in grenznahen Gemeinden der Pfalz64. Um den Gegnern 
der Rückgliederung im Saargebiet keine Angriffspunkte zu liefern, sollte z.B. aus 
Gründen einer wirtschaftlichen Scheinprosperität alles geschehen, um die rück¬ 
läufige Arbeitsmarktlage der Pfalz "in ihr Gegenteil zu verkehren"65: "Die Ge¬ 
meinden, vor allem im Saargrenzgebiet, sollen z.B. in der Durchführung von Not¬ 
standsarbeiten jetzt wieder etwas tätiger werden."66 So bestünden jetzt jahreszeit¬ 
lich für kulturbauliche Maßnahmen besonders günstige Durchführungsmöglichkei¬ 
ten. Weitere Möglichkeiten zur Arbeitsbeschaffung sollten in der Wegeverbesse- 
rung, in vermehrten Holzfällungen in den Staatsforsten und in Bahn- und Brük- 
kenbauten gesucht werden. Weiterhin sollten Industrie, Handel, Handwerk und 
Landwirtschaft ihren derzeitigen Arbeiterstand "unter allen Umständen" halten, 
selbst unter Ausnutzung von Arbeitsverkürzungen. Der Rohstoffknappheit war mit 
allen Mitteln entgegenzutreten; dazu sollte besonders das Hamstern von Seife, 
Schokoladeerzeugnissen, Textil- und Gummierzeugnissen unterbunden werden, 
werde doch dadurch der Rohstoffmangel "bei einem für normale Zeiten genügen¬ 
den Bestand künstlich" herbeigeführt oder verstärkt. Jeder unnötige Warenvorrats¬ 
kauf verschärfe die aus Angstkäufen hervorgerufene Schädigung der Volksge¬ 
samtheit. Zur Rohstoffbeschaffung im Falle der Gefahr einer Betriebsstillegung 
stellte der Treuhänder der Arbeit, Böhm, in Neustadt sogar die benötigten Devisen 
62 
Zur Kompetenzklärung zwischen AA und Propagandaministerium s. F. Jacoby, Herrschaftsübemahme, 
S. 95, Anm. 38, bes. zur Unterstützung von Zeitschriften bzw. zu nicht sachbezogenen Planungen des 
Propagandaministeriums. 
63 S.Z.Nr. 6 v. 7.1.1935. 
64 S.Z. Nr. 7 v. 8.1.1935: "Glänzender Erfolg der Aktivitäten Bürckels". Es wird unter Hinweis auf die 
Arbeitsmöglichkeiten und die Bereitstellung von Mitteln aus der Arbeitsfront, neben den Geldern aus 
der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung festgestellt, daß dies eine Tat sei, "die die gesamte Arbei¬ 
terschaft des Grenzgebietes dankbar anerkennt und die für unsere Brüder an der Saar den Beweis liefert, 
in welchem Maße künftig nach der Rückgliederung durch den Gauleiter alle zur Verfügung stehenden 
Mittel für Arbeitsbeschaffung eingesetzt werden". 
Sehr, des Präs, der Reg der Pfalz an die Bezirksämter, Bezirksamtsaußenstellen und an die Bürgermei¬ 
ster v. 25.10.1934, LA Speyer, Best H 38, Nr. 1.416 III, Bl. 84f. 
66 Sehr. v. 25.10.1934: ebd. 
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