Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

legte Maßnahmen zur Rückgliederung der Saar gewährleistet22, wobei ihm die 
Erfahrungen und Informationen der alten Saarbehörden (i.G. zur Gestapo), beson¬ 
ders des Saarreferenten im AA, Voigt, zugute kamen. Bürckels Rolle als Koordina¬ 
tor der reichsdeutschen nationalsozialistischen Bestrebungen kommt klar zum 
Ausdruck in dem von Spaniol und Bürckel selbst 1936/1938 angestrengten Partei¬ 
gerichtsverfahren zur Abklärung ihres Aufgabenverständnisses, ihrer Absichten 
und Handlungen 1933/34, das jedoch wohl aus Gründen der "Staatsraison" nieder¬ 
geschlagen wurde23. 
Während bis 1933 die nationale Grundhaltung von Parteien und Verbänden kaum 
angezweifelt worden war, avancierte nach Hitlers Machtergreifung die NSDAP/ 
Saar zum Sprachrohr für die politische Zugehörigkeit der Saarländer zum Reich. 
Doch der Versuch zur Gleichschaltung Andersdenkender von dieser Seite aus kann 
als mißlungen angesehen werden, benötigte zum einen die Saarbevölkerung keine 
neue nationale oder nationalsozialistische Ausrichtung bzw. wurde zum anderen 
von Hitler selbst dieser Weg der allzu offenen Einflußnahme auf die Politik der 
Saarparteien als untauglich erachtet. Eine frühzeitige Gleichschaltung gelang im 
Vereins- und Verbandswesen, während bei Parteien und Gewerkschaften die takti¬ 
sche Marschroute einer einheitlichen deutschen Front als vorteilhafter angesehen 
wurde24. 
Den Saarstellen auf Reichs- und Landesebene stand im Saargebiet selbst ein Netz 
von Verbindungsleuten gegenüber, so daß ein wechselseitiger Informations- und 
Anweisungsfluß gewährleistet war. Als einer der wichtigsten Kontaktpersonen und 
Berichterstatter über die Tätigkeit der Reko fungierte ihr saarländisches Mitglied, 
Bartholomäus Koßmann, der mit Voigt in ständigem Kontakt stand25 und von dem 
Voigt berichtet, er habe im Vorfeld des Zusammenschlusses der saarländischen 
Parteien zur Deutschen Front zusammen mit Levacher und Kiefer die Vor¬ 
bereitungsgespräche für eine Zusammenkunft mit Hitler geführt, da sich hierzu 
unter Führung von Röchling bei den anderen Parteiführern Probleme ergeben hät¬ 
ten. Über die Unterredung Kossmanns mit Hitler vom 12. Mai 1933 in Anwesen¬ 
heit von Staatssekretär Lammers berichtete Voigt ebenfalls; Kossmann habe auf 
Geheiß Hitlers ihm über die Gesinnung seiner Reko-Kollegen Bericht erstattet und 
besonders die momentanen Befürchtungen unter den saarländischen Juden heraus¬ 
gestellt26. 
22 Zur Politik Papens und Bürckels s. auch F. Jacoby, Herrschaftsübemahme, S. 94-100. Aktenmaterial 
im AA...Best. Pol. Abt. II, Bes. Geb., Sg., betr. Tätigkeit d. Vizekanzlers von Papen als Saarbevoll¬ 
mächtigter der Reichsregierung, Nachfolger Gauleiter Bürckel, 1 Bd. 
Personaldoss. A. Spaniol. BDC. Dazu die Verfahrensakten. LA Saarbrücken, Best. Einzelstücke, Nr. 
97, Bl. 162-190. Vgl. III. Kap. 1., Anm.23. 
24 Ebenso F. Jacoby, Herrschaftsübemahme, S. 102. 
25 Aufzeichnungen Voigts v. 4.5.1933. AA...Best. Pol. Abt. II, Bes. Geb., Sg., betr. Pol. Angelegenheiten 
des Sg., Allgem., Bd. 47. Ebenso DGFP, Ser. C., Bd. 1, Nr. 169, S. 312f. 
26 DGFP, Ser. C, Bd. 1, Nr. 227, S. 412f. 
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