gegründeten Norddeutschen Bundes als auch in der Verfassung des Deutschen Reiches
von 1871 ausdrücklich verankert.4
Die Gesetzeslage in Preußen, und später des Deutschen Reiches, garantierte Personen
mit einem festen Wohnsitz sowohl die volle Bewegungsfreiheit als auch die freie
Domizilwahl innerhalb des eigenen Staatsgebietes. In der Realität blieben diese Rechte
jedoch von Beginn an durch spezielle administrative Beschränkungen und polizeiliche
Überwachungsmaßnahmen eingeschränkt.5 Verschiedenen staatlichen Organen war es
ein Anliegen, durch eine gezielte Reglementierung jegliche Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung sowie vor allem fiskal-administrativer Interessen von vornherein
zu unterbinden, welche durch die Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit seitens
ihrer Untertanen hätte entstehen können. So drängte in den 1830er Jahren die preußische
Finanzverwaltung mehrfach das Königlich Preußische Statistische Büreau zur Einführung
ständiger Einwohnerregister. Im Laufe dieses Jahrzehnts präzisierten und verschärften
die einzelnen preußischen Regierungspräsidenten tatsächlich die seit 1817 geltenden Mel¬
deverordnungen in der Weise, daß beispielsweise im Regierungsbezirk Trier bis zum
Jahre 1837 schließlich jeder Hauseigentümer, Vermieter, jede Dienstherrschaft sowie jeder
Arbeitgeber zur An- bzw. Abmeldung seiner ortsfremden Mieter und Arbeitnehmer
innerhalb einer Frist von 24 Stunden bzw. drei Tagen unter Strafandrohung verpflichtet
wurde.6
Die gesamtstaatliche Koordinierung erfolgte allerdings erst 1843, indem das Gesetz über
die Aufnahme neu anziehender Personen unter Bekräftigung der Freizügigkeit und
Niederlassungsfreiheit innerhalb Preußens die allgemeine polizeiliche Meldepflicht ein¬
schließlich der Meldeverantwortung des Wohnungsgebers festlegte. Ausgenommen von
dieser Regelung wurden Arme oder von Armut bedrohte und strafrechtlich verfolgte Per¬
4 Vgl. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Gesetz über die Freizügigkeit vom 1.11.1867
(=Nr.l6), §§ 1 und 10; Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes, Gesetz, betr. die Verfassung
des Deutschen Reiches vom 16.4.1871 (=№.628).
5 Vgl. Jackson, Alltagsgeschichte, S.28.
6 Vgl. Amtsblatt der Regierung Trier, Bezirkspolizeiverordnung (BPolVO) betr. Polizeüiche An-
und Abmeldungen vom 8.2.1837 sowie die BPolVO betr. die Fremdenmeldung vom 11.7.1833,
vom 10.9.1834, vom 30.9.1835 und vom 11.2.1837. Zu beachten ist hier das geltende Prinzip
der Heimatgebundenheit jedes preußischen Untertans. Ein Wohnortwechsel bedeutete in der Regel
nicht auch den Verlust der Bindung an den angestammten Heimatort, dem man - bis ins späte
19. Jahrhundert im Gegensatz zum Wohnort - steuerverpflichtet blieb, und dem beispielsweise
im Falle der eigenen Verarmung die Versorgungspflicht zukam.
37