der zahlreichen russisch- bzw. österreichisch-polnischen Arbeitskräfte im Ruhrgebiet
verursachte aufgrund der Feme der Herkunftsregionen außerdem erhebliche praktische
Schwierigkeiten bei der Rückführung "lästiger Ausländer", welche wegen der Grenznähe
im deutsch-französisch-luxemburgischen Dreiländereck nicht gegeben waren. Geradezu
prädestiniert für die genannte Politik war daher das kleine Großherzogtum Luxemburg;
aber auch die Reichslandverwaltung und die preußischen Staatsbehörden im grenznahen
Regierungsbezirk Trier wußten sich dieses Instrumentariums zu bedienen.
Die geeignete Angriffsfläche für eine restriktive Ausweisungspraxis boten die verschiede¬
nen "Nischenkulturen", die sich in den Industrieansiedlungen ausgebildet hatten: die
wilden Ehen, die Prostituierten und Zuhälter, die Arbeitslosen und die Kriminellen. Wie
schon hinsichtlich der Meldegesetzgebung, d.h. bezüglich der Maßnahmen zur Erfassung
der "flottanten" (Arbeiter-)Bevölkerung, orientierten sich die Landesregierungen von
Luxemburg und Elsaß-Lothringen zur Handhabung der Ausländerpolitik, d.h. in Fragen
der Abschiebung unerwünschter, mobiler Bevölkerungsteile, weitgehend am preußischen
Vorbild, das auch Beispielcharakter für die Gesetzgebung in anderen deutschen Einzel¬
staaten besaß.
Fazit und Ausblick
Mit neueren quantitativen Methoden wurde die Wanderungskomponente des hochkom¬
plexen Urbanisierungsprozesses von drei Industriestädten im deutsch-französisch¬
luxemburgischen Grenzraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins erste Jahrzehnt
des 20. Jahrhunderts vergleichend analysiert.
Es konnte an verschiedene sozialhistorische und stadtgeschichtliche Forschungen sowohl
im allgemeinen als auch im regionalen Kontext angeknüpft werden.
Die Geschichte der italienischen Wanderarbeiter in den mitteleuropäischen Industriegebie¬
ten wurde bislang erst ansatzweise bearbeitet, so daß durch die vorliegende Regional¬
studie einige neue, nicht nur regionalgeschichtlich relevante Aspekte deutlich gemacht
werden konnten. Eine eigens den Italienern im Saar-Lor-Lux-Raum gewidmete Unter¬
suchung steht noch aus.
Die Untersuchung setzt sich aus einer stadtgeschichtlichen Perspektive heraus ins¬
besondere mit dem Lebensbereich von Fabrikarbeitern im Saarrevier auseinander und
wagt sich damit an eines der dringlichsten Desiderata der Saargeschichtsschreibung. Die
hiermit gewonnenen Resultate sollten in naher Zukunft durch gezielte Belegschaftsstudien
ergänzt werden. Außerdem wäre eine vergleichbare Migrationsanalyse für die Berg¬
arbeiterschaft von Interesse.
Die Arbeit zählt zu den wenigen, einer Mikroperspektive verpflichteten, grenzüber-
greifenden historischen Studien. Zu ähnlichen Fragestellungen wären vergleichbare
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