als außerordentlich hoch empfand. Die Ortskommandantur pochte deshalb auf eine
Erhöhung der Wohnungszuschüsse für Offiziere bzw. auf den Bau von Dienstwohnun¬
gen.132 Der zivile Kreisdirektor Diedenhofens wußte allerdings: "Eine Besserung der
herrschenden Wohnungsnot und ein Rückgang der unverhältnismäßig hohen Mietpreise
ist nur von einer Aufhebung oder Hinausschiebung der Festung und einer durchaus sich
ermöglichenden Stadterweiterung zu erwarten."133 Diesem Begehren der Stadt und des
Kreises Diedenhofen wurde - im Gegensatz zu Metz als der damals größten Festung
der Welt - sechs Jahre später entsprochen. Unter den genannten Gesichtspunkten bildeten
in Lothringen die Truppenmassierungen an der Grenze zum verfeindeten Frankreich eine
spezifische Komponente im Zuge der Bevölkerungsverschiebungen der Industrialisie¬
rungsperiode.
Als Hauptgrund für den angespannten Wohnungsmarkt benannte man aber allzu oft ohne
Umschweife den Zuzug von "Fremdarbeitern", den die Erweiterung der industriellen
Fertigungsanlagen fortwährend bedingte.134 Die Wanderarbeiter in der Eisenindustrie,
und unter diesen in erster Linie die Italiener, wurden beschuldigt, insbesondere aufgrund
ihrer bevorzugten Wohnform als Kost- und Schlafgänger die Sittlichkeit zu stören.135
Hausten Wanderarbeiter in Holzbaracken, so waren diese wie in Esch zumeist in
unhygienischer Weise überfüllt, "aus ungehobelten Brettern, die Beleuchtung mangelhaft,
feuergefährlich, die Aboitanlagen ekelerregend".136 Einblick in die Wohnverhältnisse
im Diedenhofener Arbeiterviertel Beauregard gibt der Bericht eines Kontrolleurs der
Ortskrankenkasse aus dem Jahre 1903: "Bei meiner jüngsten Kontrolle in Beauregard
und Terville habe ich wahrgenommen, daß in vielen alten Häusern massenweise Italiener
in einem Zimmer zusammenwohnen. Man prallt beim Betreten solcher Löcher förmlich
zurück. Durch den Schmutz, Kot und schlechte Luft (die Löcher sind in den meisten
Fällen halbdunkel) sind Ausbrüche von Krankheiten aller Art unausbleiblich. Hauptsäch¬
lich ist es die Krätze, mit der so viele italienische Arbeiter behaftet sind. Da sind bei
einem Unternehmer C. in Terville zur Zeit nicht weniger als 10 Mann, die er in der
vergangenen Woche wegen Krätze nach Hause schicken (...) mußte. Diese Leute wohnen
nun noch mit vielen Kameraden zusammen, schlafen zusammen und auf diese Weise
132 Vgl. ADBR 87 AL 1012: Bericht der Kommandantur des XVI. Armeekorps in Diedenhofen
v. 14.März 1895 bzgl. einer Anfrage auf Abänderung der Servisklasseneinteüung in Elsaß-
Lothringen durch das Generalkommando v. 3.Februar 1895.
133 Vgl. ebda.: KDTh an das BPLo v. 29.Aprü 1895.
134 Vgl. ADBR 87 AL 4631: Jahresbericht der Gewerbeaufsichtsbeamten bzgl. 1895.
135 Vgl. ADBR 87 AL 4431: desgl. bzgl. 1897.
136 Vgl. ADBR 87 AL 4371: desgl. bzgl. 1903.
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