aufgrund der außenpolitischen deutsch-italienischen Allianz durch die Verträge von 1882
bzw. 1912 und wegen des drohenden deutsch-französischen Waffenganges in nächster
Nähe der grenznahen Industrieansiedlungen, die Italiener zum Verlassen des Landes. Die
Italiener vor Ort ergriffen spätestens angesichts des deutschen Einmarsches in Luxemburg
die Flucht, was seitens der italienischen Behörden durch die Organisation von Bahntrans¬
porten in die Heimat unterstützt und in geordnete Bahnen gelenkt wurde.136 Während
am Jahresende 1913 6.615 Italiener im Kreis Saarbrücken gezählt worden waren, ver¬
blieben dort trotz der relativen Grenzfeme im Dezember 1914 gerade noch 204 italieni¬
sche Staatsbürger.137 Mit der deutschen Invasion Luxemburgs verließen 18.000 Italiener
das Großherzogtum in Richtung Heimat.138
Vor diesen Ereignissen bildeten italienische Arbeiter wesentliche Teile der Industriebeleg¬
schaften. Vor allem in den eisenschaffenden und eisenverarbeitenden Industriebetrieben
waren Italiener als ungelernte Arbeitskräfte begehrt. Dies trifft in verschärftem Maße
auf den Saarraum zu. Die Italiener im Kreis Saarbrücken wurden nahezu ausschließlich
in der Hüttenindustrie beschäftigt. Wenige von ihnen verdingten sich als Knechte oder
Mägde in der Landwirtschaft. Der preußische Bergfiskus des Saargebietes beschäftigte
bis 1914 keine italienischen Arbeitskräfte - mit Ausnahme eines kurzen Intermezzos
während der Jahre 1907 bis 1909, in denen die zeitgenössische Fremdenstatistik des Krei¬
ses und der Stadt Saarbrücken etwa einer Tausendschaft italienischer Wanderarbeiter
bergbauliche Tätigkeiten zuschreibt.139 Die Bergbaugesellschaften, welche die Minet¬
telagerstätten im Moselraum erschlossen, griffen dagegen massiv auf italienische Arbeiter
zurück, so daß beispielsweise im französischen Auboue der Abbau der Eisenerze fast
ausschließlich von Italienern geleistet wurde.140
Ebenso uneinheitlich wie die Einsatzfelder der Italiener in den drei Teilregionen, so
signifikant waren die Unterschiede zwischen den italienischen Wanderergruppen in
136 Vgl. Köll, Immigration italienne, S.237ff.: "A Auboué, le 1er août 1914, mine et fonderie
cessaient brusquement le travaü et les autorités françaises «incitaient les étrangers à quitter au
plus vite la région et à rentrer chez eux»." (S.237) sowie Trausch, Immigration italienne, S.464f.
137 Vgl. LHA Koblenz, Best.403/6798.
13S Vgl. Trausch, Immigration italienne, S.464.
139 Vgl. LHA Koblenz, Best.403/6796 u. 6797. Der betriebspolitische Hintergrund dieses
Phänomens harrt einer eigenen Bearbeitung. Der Italieneranteü an der Belegschaft der osüo-
thringischen Steinkohlegruben des Kreises Forbach betrug ebenfalls nur bescheidene 1,8 Prozent
(303 Bergleute) im Jahre 1913. Vgl. Roth, Lorraine annexée, S.359.
140 Vgl. S.174.
176