rennes aber vor allem Toul mit dem Chorherrenstift St. Gangolf, wo eine Vita des Heiligen
geschrieben wurde, die sein Wunderwirken zur Zeit Bischof Gerhards (amt.963-994)
schildert. Unter Erzbischof Theoderich von Trier (amt.964-977) wird sein Kult in Trier
protegiert, in diese Zeit fällt die Gründung der Trierer Stadtkirche St. Gangolf. Die Weihe
Stephans von Lunéville zum Bischof von Toul und die Wahl eines Mettlacher Mönchs zu
seinem Nachfolger wird für das Verhältnis der Mettlacher zu diesem Heiligen, der sich ge¬
rade im Benediktinerorden besonderer Verehrung erfreute, nicht ohne Auswirkungen ge¬
blieben sein.117 Schließlich mag Ruodpreht/Robert umgekehrt für den Transfer der soge¬
nannten Poussay-Handschrift nach Toul verantwortlich sein, eines illuminierten Codex
in enger stilistischer Verwandtschaft zum Egbert-Psalter.118
1.2.2. Die Vita S. Adalberti
Einer unbefangenen Analyse der Adalbertsvita stand lange Jahre eine erbitterte For¬
schungskontroverse entgegen, die sich an der Frage ihrer unverfälschten Überlieferung
entzündete. Es war der bis auf den heutigen Tag in Standardwerken gern und ausgiebig
zitierte Oppermann,119 der in langen stilkritischen Untersuchungen zu dem Schluß ge¬
langte, die Vita Ruoperts sei von dem sogenannten „Annalisten C“ um 1173 vollständig
umgearbeitet worden; dieser habe sich dabei ausgiebig der „Vita Willibrordi“ Alkuins be¬
dient. Der Text des 10. Jahrhunderts sei allenfalls noch in rudimentären Resten nach¬
weisbar: „Onze Vita is echter niet het werk van Ruopert.“120 In der Folge unterschied er
diese „Vita Prima“ von einer zweiten Lebensbeschreibung ebenfalls des 12. Jahrhun¬
derts. 121 Erstmals entschieden Steilung gegen die Thesen Oppermanns bezog Meilink, der
freilich noch von der Existenz einiger Interpolationen ausging.122 Die unverfälschte Ori¬
ginalität der Vita in toto hat jüngst Vis erwiesen. Die vermeintliche „Vita Secunda“, im
Prinzip ein Auszug der ersten zehn Kapitel der älteren Arbeit, wird in der neuen kritischen
Ausgabe denn auch als „Historia Adalberti“ mit einer angegliederten Sammlung „Mira-
cula Nova“ bezeichnet. Im folgenden meint der Terminus „Vita“ die Auftragsarbeit des
Mettlacher Mönchs Ruopert.
War Ruopert aber der einzige Verfasser? Dem stehen in der Tat einige gewichtige Mo¬
mente entgegen. Im Epilog der Vita (Kapitel 28) finden sich Formulierungen, die auf we¬
nigstens zwei Autoren schließen lassen:
117 zum Gangolfkult vgl. allg. Mayer, Gangolf; Zimmermann, Sankt Gangolfs Weg; Viard, Gen-
goulf
118 Paris BN Cod. lat. 10514; vgl. Dodwell/Turner, Reichenau reconsidered, S. 16
119 vgl. z.B. LThK oder Lexikon des Mittelalters, passim; wesentlich v. a. Oppermann, Fontes Eg-
mundenses u. ders., Untersuchungen zur nordniederländischen Geschichte
120 Oppermann, Fontes Egmundenses, S. 17*
121 ediert in Oppermann, Fontes, S. 23-38; zu der unterschiedlichen Tendenz beider Textes. Hugen-
holtz, Adelbert in twee gedaanten u. G. N. M. Vis, Sint Adalbert en de andere structuren. Over
het karakter van de levensbeschrijving en de verschillende wonderverhalen van Sint Adalbert van
Egmond, in: ders./M. Mostert/P. J. Margry (Hrsg.): Heiligenlevens, Annalen en Kronieken. Ge-
schiedschrijving in middeleeuws Egmond (Egmondse Studien I), Hilversum 1990, S. 35-54. Vgl,
ferner Levison, Wilhelm, Procurator von Egmond
122 Meilink, De Egmondsche geschiedbronnen, v. a. S. 12-22; später Huijben, Geschiedkundige
waarde; Hof, De abdij van Egmond; eine flott geschriebene Darstellung der „bella diplomatica“
zwischen Oppermann und seinen Kontrahenten bei Roelevink, Jagen naar volkomen zekerheid
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