Full text: Die monastische Schriftkultur der Saargegend im Mittelalter

Zur selben Zeit gibt es aber in der Tat einen Abt Everhelm, gegen den die Mönche seines 
eigenen Klosters herbe Vorwürfe erheben. Ich zitiere aus einem Schreiben Papst Alexan¬ 
ders II. an Erzbischof Gervasius von Reims, das auf 1064-1067 datiert werden kann: 
.Litteras etiam Blandiniensis coenobii nobis attulit, quod quidam Everelmus monaste¬ 
rium illud simoniace invaserit, ipsiusque bona eiectis monachis ad nihilum redegerit, vi¬ 
tamque suam adulteriis variisque criminibus ultra humanam consuetudinem polluerit. 
Admonemus itaque charitatem tuam ut utrumque invasorem convenias, et, si res ita est, 
hanc praesumptionem in partibus illis ulterius locis venerabilibus obesse non permittas. 
Quod si praefati invasores canonicae rationi acquiescere contempserint, et quibus de¬ 
bentur ipsa monasteria dimittere noluerint, nostra eos apostolica auctoritate studeas cum 
omnibus fautoribus suis excommunicare.81 
Die Anklagen gegen diesen Aht von St. Peter/Gent sind nicht nur inhaltlich fast kongruent 
mit dem Mettlacher Beispiel, sie stimmen bis in den Wortlaut miteinander überein.82 
Dieser Everhelm, Abt eines Klosters unter dem Patrozinium des „princeps apostolorum“, 
ist in der Literaturgeschichte des 11. Jahrhunderts kein Unbekannter: Als Neffe Poppos 
von Stablo (gest. 1048) gab er eine Vita des großen Reformers in Auftrag, die er eigen¬ 
händig redigierte.83 Zuerst Abt von Hautmont bei Maubeuge an der Sambre, wurde er 
1058/59 Nachfolger Wichards in St. Peter auf dem Blandinischen Berg. Bestimmend für 
seine Einsetzung war wahrscheinlich Graf Balduin V. von Flandern; diesen Eingriff in die 
Klosterautonomie hat ein Teil des Konventes dem neuen Abt nicht verziehen und ihn, mit 
Sicherheit zu Unrecht, denunziert. Everhelm vermochte sich aber in seiner Stellung bis zu 
seinem Tod im Jahr 1069 behaupten.84 
Die Formulierungen des Mettlacher Anonymus lassen darauf schließen, daß Erzbischof 
Eberhard Everhelm als Reformer in das Saarkloster geholt hat, um es „in allen Ehren aus¬ 
zustatten und mit Gütern zu begaben.“ Wie leicht kann ein Mettlacher Kopist des 16. 
Jahrhunderts „Gandensis/Gandavum“ in „Daganis“ verschreiben! Die Hypothese einer 
Identität der beiden Everhelme ist soweit erhärtet. Ihr steht einzig entgegen das Insistieren 
auf Metz, für das vorerst keine befriedigende Erklärung zu finden ist. 
1.1.6. Die beiden unedierten Wundererzählungen am Schluß der „Miracula“ 
Die Textausgabe der Bollandisten führt die zahlreichen dem Wirken des heiligen Liutwin 
zugeschriebenen Wunder ohne Kürzungen auf. Eine bewußte Ausnahme bilden die 
beiden Schlußabschnitte, die Perier nicht abdruckte, da in ihnen Liutwin keinerlei Erwäh¬ 
nung fände.85 Seine Abqualifizierung dieser Passage als Apographon ist zumindest formal 
81 van Lokeren, Chartes, Nr. 140 (JL 4608) 
S2 vgl. quosdam fratrum in exilium destinavit... Et forsitan nobilitatem loci ad desolationem laci 
redigeret. . . u. ipsiusque bona eiectis monachis ad nihilum redegerit 
83 MGH SS XI, S. 291-316, ed. W.Wattenbach; vgl. Manitius II, S. 361-364 
84 Sabbe, Deux points, S. 62-71; nach dem Nekrolog von St. Peter (Rijksarchief Gent, Fonds St.Pie- 
tersabdij II reeks Nr. 98) verstarb Everhelm am 14. Juli. 
85 AA SS Sept. VIII, S. 179 
25
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.