brücker Klein- und Straßenbahn AG — mit der Stadt Saarbrücken als Hauptaktionär
— den elektrischen Bahnbetrieb auf der Strecke Saarbrücken (Hauptbahnhof)-
Brebach-Fechingen-Eschringen mit Abzweigen nach Ensheim und Ormesheim auf.
Die neue Bahn sollte den Bereich östlich der Stadt bis in die bayerische Saarpfalz besser
erschließen und an den wirtschaftlichen Mittelpunkt Saarbrücken anbinden260.
Nach 1905 griff auch die preußische Bergverwaltung aktiv in die Konzeptionierung
und den Bau von elektrischen Bahnen ein, da nur durch ein ausreichendes Nahver¬
kehrssystem genügend Bergarbeiter zur Steigerung der Förderleistungen von Kohle
eingesetzt werden konnten. Im Jahre 1907 wurde die Straßenbahn St. Johann-
Riegelsberg-Heusweiler als Zubringerlinie im Einflußbereich zwischen Saarbrücken
und Heusweiler in Betrieb genommen. Der Bau wurde — mit maßgeblicher Unterstüt¬
zung der Bergwerksdirektion — von der Gemeinde Güchenbach übernommen261.
Auch in Neunkirchen, wo ebenfalls im Jahre 1907 nach mehreren vergeblichen Anläu¬
fen der elektrische Straßenbahnbetrieb aufgenommen worden war, unterstützte die
Bergwerksdirektion das Projekt durch die Abgabe von elektrischer Energie aus ihrem
Kraftwerk Heinitz, da zahlreiche Bergleute von der neuen Bahn profitierten262. In
Völklingen erfolgte die Eröffnung der elektrischen Straßenbahn im Herbst 1909, nach¬
dem die Ausrichtung des vorhandenen Nahverkehrsnetzes und der projektierten Li¬
nien der Region auf Saarbrücken hin für Völklingen deutliche Kaufkraftabwanderun¬
gen brachte. Zuvor hatte die Mehrheit der Bürger lange Zeit deh von der Stadtverwal¬
tung propagierten Bahnplänen reserviert gegenübergestanden263. Die Stromlieferung
für den Betrieb der Straßenbahn erfolgte zu günstigen Konditionen vom bergfiskali¬
schen Kraftwerke Luisenthal, da die Bergwerksdirektion großes Interesse an der von
vielen Bergleuten benutzten Strecke Völklingen-Ludweiler-Großrosseln hatte264.
Der rasch voranschreitende Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes erhöhte die
Mobilität der Industriearbeiter und Bergleute spürbar und führte beispielsweise auf der
Berginspektion von der Heydt dazu, daß die staatlichen Schlafhäuser nach Einführung
eines regelmäßigen Straßenbahnbetriebes nicht mehr benutzt wurden, sondern täg¬
liches Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort zur Regel wurde265. Siedlungsauswei¬
tung und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes standen in einer Wechselwir¬
kung: Einerseits folgten die neuen Strecken vorhandenen und teilweise geplanten bau¬
lichen Erweiterungen, auf der anderen Seite kristallisierten sich die vorhandenen
Bahnlinien zu neuen Schwerpunkten der Industrie- und Bergarbeitersiedlungen
heraus.
260 Sommerfeld (1979), S. 252; im selben Jahr übernahm die Stadt Saarbrücken rund 50%
des Aktienkapitals der Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG und stockte diesen
Besitz nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens in der Nachkriegszeit
Ende 1920 auf 100% auf (ebd.).
261 Die elektrische Bahn St. Johann-Riegelsberg-Heusweiler (1908), S. 98ff. bzw. 728ff.; vgl.
auch ausführlich (einschließlich der negativen Erprobungsphase durch zwei Motoromni¬
busse um 1900) LA Sbr. Best. Landratsamt Sbr. VW 11-13.
262 75 Jahre Neunkircher Verkehrs-AG (1982), S. llff.; Sommerfeld (1978), S. 113f.
263 75 Jahre Nahverkehr in Völklingen (1984), S. 19ff.
264 Vgl. Kap. 1.4.d; allgemein auch Herbig, Arbeiterersatz (1910), S. 1383f.
265 Ebd., S. 1394.
77