stiger Kostenbasis arbeiteten. Die Reservekapazitäten mußten hoch ausgeiegt sein, die
Auslastung der Maschinen war in den meisten Fällen ungleichmäßig, billige Brennstof¬
fe wie Abfallkohle, Hochofen- oder Koksofengase standen in der Regel nicht zur Ver¬
fügung. Als mögliche Abnehmer elektrischer Energie boten sich für ein regionales
Energieversorgungsunternehmen in erster Linie Städte und Gemeinden an. Die preis¬
werten Erzeugungsbedingungen für Gas auf kostengünstiger heimischer Steinkohle¬
basis hatten allerdings dazu geführt, daß die Licht- und Kraftgasversorgung im Saar¬
revier im Vergleich zu weiten Teilen des Deutschen Reiches bereits überschnittlich
weit voran geschritten war: 1857 hatte das erste Gaswerk in St. Johann seinen Betrieb
eröffnet, eine ganze Reihe weiterer, meist kleinerer Werke folgte. Gegen diese Gasan¬
stalten mußten die öffentlichen Elektrizitätswerke konkurrieren.
Geschäftsleute und Unternehmer, die den Aufbau der öffentlichen Elektrizitätsversor¬
gung nicht abwarten wollten, hatten damit begonnen, sogenannte Blockzentralen zu
errichten. Diese versorgten entweder ein einzelnes Gebäude oder einen ganzen Stra¬
ßenblock mit elektrischer Energie155. Auf der technischen Seite schränkte der anfangs
fast ausschließlich verwendete Gleichstrom die räumliche Ausdehnungsfähigkeit der
Versorgungsgebiete auf einen Radius von lediglich etwa drei Kilometern ein. Bei über¬
wiegendem Lichtbedarf hatte dieses System einerseits den Vorteil, daß elektrische
Energie in großen Akkumulatoren gespeichert werden konnte und somit eine Reserve¬
kapazität für die morgendlichen und abendlichen Lichtspitzen brachte. Die einmal ge¬
troffene Festlegung auf das Gleichstromsystem barg andererseits die Gefahr, bei einer
aufgrund höherer Nachfrage notwendigen Ausdehnung des Versorgungsgebietes rasch
auf technisch vorgegebene Grenzen zu stoßen. Sie ermöglichte folglich nur Erweite¬
rungen des Netzes in geringem Umfang156.
Die Betreiber kleinerer, oft in ländlichen Regionen angesiedelter Elektrizitätswerke
standen in den Anfängen ihrer Versorgungstätigkeit aber auch vor Problemen, wie sie
Georg von Siemens im nachhinein schilderte: „Nun ist aber der Lichtverbrauch die un¬
günstigste Belastung, die sich das Elektrizitätswerk wünschen kann; er beschränkt sich
im Winter auf wenige Abend- und Morgenstunden und verflüchtigt sich im Sommer
auf dem Lande praktisch zur Null. Außerdem fehlten in den kleinen Städten und Dör¬
fern die großen Lichtverbraucher. Wie man es damals drastisch ausdrückte: Um den
Stallmägden im Winter des Morgens und Abends für eine halbe Stunde den Melkeimer
zu beleuchten, konnte man kein Elektrizitätswerk bauen“157. Innerhalb dieses von
technischer Entwicklung und ökonomischen Zwängen gesetzten Rahmens vollzog
sich auch in der Saargegend der im folgenden aufgezeigte Aufbau der öffentlichen Elek¬
trizitätsversorgung auf vorwiegend lokaler Ebene.
155 Vgl. z.B. in Saarbrücken das Textilkaufhaus S.A. Israel & Co. GmbH, das 1892 auf der
Bahnhofsstraße als erste Firma seine Geschäfts- und Büroräume mit elektrischer Beleuch¬
tung ausstattete (vgl. Handel und Industrie, 1924, S. 146; zu Blockanlagen allgemein vgl.
Thierbach, 1929, S. 8f.; Miller, 1936, S. lllff.; Wisseli, 1967, S. 9f.)
156 Zu Straßburg und Mülhausen vgl. z.B. Ott (1975), S. 255ff.
157 Siemens (1961), S. 276.
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