Lothringen erstrecken149, als die öffentliche Versorgung in der Saarregion stärker Fuß
gefaßt hatte.
Eine positive Konsequenz der zunehmenden Elektrifizierung im Saarrevier war die
Niederlassung verschiedener Nachfolgeindustrien der Elektrobranche. In den Jahren
1893/94 wurde eine AEG-Filiale in Saarbrücken eröffnet. 1899 gründeten verschiedene
saarländische Industrielle zusammen mit der Gebr. Röchling-Bank die Saarbrücker
Elektrizitäts-AG150. Dieses Unternehmen hatte jedoch zunächst große Schwierigkei¬
ten, sich zu behaupten. Entsprechend der einseitig ausgerichteten Industriestruktur des
Saarreviers fehlte jeglicher für die Feinindustrie geschulte Arbeiterstamm. Dies war
eine der vorrangigen Ursachen dafür, daß die Saarbrücker Elektrizitäts-AG bereits we¬
nige Jahre später ihr vielleicht auch etwas zu breit ausgerichtetes Herstellungspro¬
gramm von kleinsten Elektromotoren bis zu 2.000 PS-Maschinen einstellen mußte und
in Konkurs ging. Ab 1906 wurde das Unternehmen reorganisiert, wozu zunächst eine
systematische Heranbildung von Feinindustriefacharbeitern notwendig war. Im Ok¬
tober 1910 übernahm schließlich die BBC-Mannheim das Unternehmen. Seit Ende
1908 unterhielt der neben der AEG bedeutendste Elektrokonzern des Deutschen Rei¬
ches, die Siemens & Halske AG, eine Zweigniederlassung in Saarbrücken151. Im sel¬
ben Jahr ließ sich auch die Baugesellschaft für elektrische Anlagen mbH in Saarbrücken
nieder, um die inzwischen durch das Voranschreiten der öffentlichen Versorgung gün¬
stige Konjunktur der Elektrifizierung zu nutzen152. Andere Unternehmen, wie die
Saarbrücker Hebezeugfabrik Kaufmann & Weinberg GmbH, gegründet 1902 in Stahl¬
hammer bei Saarbrücken, nahmen den Bau elektrotechnischer Spezialartikel auf153.
Weitere in der Region ansässige Firmen vergrößerten ihre Produktionspalette um ent¬
sprechende Geräte und Waren154. Fortschreitende Anwendung elektrischer Energie
in der Industrie, später vor allem aber die Ausbreitung der öffentlichen Versorgung
hatten hierfür Bedarf geschaffen.
4. Die Entwicklung der öffentlichen Elektrizitätsversorgung
a) Anfänge der Elektrizitätsversorgung auf Gemeindeebene
Welche Voraussetzungen und Bedingungen hatte unter den geschilderten Umständen
die Errichtung einer flächendeckenden Elektrizitätsversorgung? Die Gruben und die
großen Hüttenwerke blieben außer Betracht, die meisten sonstigen Betriebe versorg¬
ten sich selbst, waren aber durchaus bereit, auf Fremdstrombezug bei entsprechend
günstigen Preisen überzugehen, da ihre relativ kleinen Erzeugungsanlagen auf ungün-
149 Reutier (1924), S. 48; Handel und Industrie (1924), S. 110.
150 Zur AEG vgl. Handel und Industrie (1924), S. lQlff.; 25 Jahre Saar Brown, Boveri AG
(1935), S. 99f.; ebf. Handel und Industrie (1924), S. 105f.
151 Vgl. LA Sbr. Dep. Stadt Merzig 690, Schreiben von Siemens & Halske v. 05.11.1908.
152 Handel und Industrie (1924), S. 107f.
153 Ebd., S. 100.
154 Wie beispielsweise die Fa. Gebr. Adt, Ensheim, vgl. Anm. 121.
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