die „Frucht- und Mehlhandlung und Dampfmühle“ Louis Braun aus Malstatt oder der
Consum-Verein Heinitz, der seine Auslagen „electrisch beleuchten“ wollte128. Ande¬
re Unternehmen mit überwiegender Selbstversorgung wie etwa die Fenner
Glashütte129, die Saarbrücker Gußstahlwerke130 oder das Mannesmann Röhrenwerk
in Bous131, die Portlandzementfabrik Böcking & Dietzsch in Malstatt132 oder die Ge¬
sellschaft für Förderanlagen Ernst Heckei (für ihre Produktionsstätte Rohrbach)133,
stellten die Stillegung der Eigenerzeugung in Aussicht, wenn die Bergwerksdirektion
günstige Strompreise bieten würde. Oft standen Betriebe auch vor der Entscheidung,
entweder die Eigenkapazitäten zu vergrößern oder Fremdstrombezug anzustreben134,
bzw. von Dampf- auf elektrischen Antrieb umzustellen135.
Die Meldungen über den billigen Strom aus den bergfiskalischen Kraftwerken veran-
laßten auch chemische bzw. elektrochemische Unternehmen wie die Deutsche
Oxhydric GmbH, Düsseldorf, und die Firma Dynamit AG vormals Alfred Nobel &
Cie., den Bau von Produktionsstätten an der Saar ins Auge zu fassen, wo im Tag- und
Nachtbetrieb große Mengen Strom abgenommen werden sollten136. In den Bemühun¬
gen dieser Unternehmen, den Standortvorteil an der Saar auf der Grundlage preisgün¬
stiger Stromerzeugung zu suchen, kann eine Parallele zur entsprechenden Niederlas¬
sung von elektrochemischen und -metallurgischen Werken mit stromintensiver Pro¬
duktion gesehen werden, die sich auf der Basis von billiger Wasserkraft kurz vor und
nach 1900 am Hochrhein zwischen Basel und Schaffhausen ansiedelten und zu einer
deutlichen Veränderung der Industriestruktur jener Region führten137. Steinkohle
konnte diese niedrigen Stromerzeugungsbedingungen allerdings nicht bieten, weshalb
sich die Standortschwerpunkte elektrochemischer Unternehmen während und nach
dem Ersten Weltkrieg auf der rheinischen und mitteldeutschen Braunkohle und an den
oberbayerischen Wasserkräften herauskristallisierten138. Die Bergwerksdirektion
hatte in ihren Ankündigungen vergeblich den Anschein erweckt, vergleichbare Vor¬
aussetzungen bieten zu können139.
Die überwiegende Anzahl der Firmen im Saarrevier vergrößerte letztlich ihre Eigenan¬
lagen, blieb beim Dampfmaschinenbetrieb bzw. siedelte sich nicht in der Region an.
Mehrere Ursachen waren hierfür ausschlaggebend: Zumeist war es auf die Schwierig¬
keiten der Bergwerksdirektion zurückzuführen, als staatliche Verwaltung flexibel und
128 LA Sbr. 564/1537, S. 50ff., 70, 75, 88, lllf., 137, 351.
129 LA Sbr. 564/1354, S. 1, 16, 19, 23.
130 Cartellieri, Eisenindustrie (1929), S. 228.
131 LA Sbr. 564/1359, S. 1, 27ff., 53ff., vgl. ebd. 564/1357, 564/1750.
132 LA Sbr. 564/1361, S. lff., 21f.
133 Heckei, vgl. LA Sbr. 564/1357, S. 1, 4, 8, 12ff., 74ff.,
134 Lederfabrik Simon, Kirn, ebd. 564/407,19.07.1910; Karcher & Cie, Beckingen, 564/1537,
S. 135; Ehrhardt & Sehmer, Saarbrücken-Schleifmühle, 564/1749, S. lff.
135 Böcking & Dietzsch, LA Sbr. 564/1361, S. lff., 21f.
136 LA Sbr. 564/1537, S. 153ff. Die Fa. Dynamit Nobel AG, vorm. A. Nobel & Co. ließ sich
1909 in Saarwellingen nieder (vgl. Hasslacher, 1912, S. 167).
137 Vgl. Hörster (1922).
138 Vgl. Kniehase (1937), S. 118ff.; Hellberg (1967), S. 29ff.
139 Durch die günstige Stromerzeugung auf Wasserkraft- und Braunkohlebasis wurde das bis¬
lang dominierende „Standortmonopol der Steinkohlenlager“ gebrochen, vgl. Salin
(1963), S. 144.; vgl. ebenfalls Müller, J.H., Auswirkungen (1967), S. 23f.
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